Montag, 24. März 2008

Schuhe

Ich fliehe gerade mit angemessener Geschwindigkeit aus meiner letzten Vorlesung. Die Angemessene Geschwindigkeit berechnet sich übrigens aus der Langweiligkeit der Vorlesung, und den wichtigeren Dingen die man noch vor hat. Im Moment liegt diese bei etwa ein hundertstel der Lichtgeschwindigkeit. Zwar habe ich nicht so arg viel vor, aber die Vorlesung war zum heulen. Wobei für die meisten war sie eher zum quatschen.
Auf dem Weg treffe ich Miranda.
„Moin.“
„Ahoi, noch was vor?“ fragt sie mich.
„Japp, muss Schuhe kaufen.“ meine ich, und deute auf meine zertretenden Treter. In dem Moment schießt es mir ins Gehirn wie panzerbrechende Munition. FEHLER!! Nicht Schuhe zu kaufen. Das habe ich tatsächlich dringend nötig. Meine Winterstiefel sind zu warm geworden, und meine Halbschuhe vom letzten Jahr halten zwar noch an den Füßen, aber auch nur mal eben so. Und im Moment sieht es tatsächlich so aus als hätte ich hungrige Bahnhofspenner an den Füßen. Sie reißen vorne das Maul auf und sehen auch sonst ziemlich zerlumpt aus. Von den Parallelen im Geruch mal ganz zu schweigen.
Also Neuanschaffung gefragt. Aber ich wollte erklären warum es ein Fehler war dies zu sagen.

Ganz einfach Miranda ist eindeutig weiblich.

„Toll, kann ich mitkommen?“
War ja klar.
Und ablehnen kann ich das jetzt wohl auch schlecht. Als ich zusammen mit ihr zum Bus stapfe erinnere ich mich dunkel an ihren Schuhschrank. Wie jeder Schuhschrank einer weiblichen Besitzerin krümmt auch ihrer Raum und Zeit. Nur ihrer ist da noch etwas besonderes. Ihrer hat genügend Masse, dass Handtaschen in Parabeln um ihn kreisen. Ich habe nicht hinein gesehen aus Angst hinter den Schwarzschild-Radius zu kommen. In ihm finden sich wahrscheinlich Unmengen an unterschiedlichsten Fußbekleidungen. Die Hackenschuhe die so schön zu dem Konfirmationskleid gepasst haben, das ihr nicht mehr passt. Die Turnschuhe mit der weißen Sole die in Sporthallen Pflicht sind. Natürlich in vier verschiedenen Farben passend zur Hose und zum Top. Die Straßenschuhe, Klompen, drei Paar Winterstiefel, irgendwas mit Riemen Schleifen und was Frau sonst auch nur einmal im Leben trägt. Dazu Strandsandalen, Wiesensandalen, Stadtsandalen und Gummistiefel.
Aber sag sowas mal einer Frau, verstehen werden sie es nie.

Weiter erklären muss man in diesem Fall allerdings, das Miranda ja nicht nur Frau sondern auch Mathematikerin ist. Als solche ist sie in der Lage logisch zu denken, und bewusst Entscheidungen zu fällen. Ja ich würde sogar soweit gehen, dass ich sie mal in einer Hose gesehen habe deren Taschen dazu in der Lage waren die Gegenstände des täglichen Gebrauchs aufzunehmen. Bei Schuhen setzt dies allerdings aus. Des weiteren kann man sich bei ihr kaum vorstellen, dass es so ist, da immer wenn man sie sieht, sie graue Turnschuhe trägt. Ich könnte zwar wetten, dass man unterschiedliche Streifen auf ihnen findet, oder das Fußbett farblich auf die Socken abgestimmt ist. Aber mal ehrlich wen interessiert es schon was Frauen für Schuhe tragen. Und im Allgemeinen ist es den Stress nicht wert den man sich macht wenn man Versucht darüber zu reden. Ihre Kreditkarte zu sperren ist da wohl einfacher.

Aber ich bin ja nicht mit ihr verheiratet, und da sie nicht einmal meine feste Freundin ist muss ich ihr auch nichts schenken. Auch muss mir nicht auffallen, wenn sie neue Schuhe hat. Was ich aber wahrscheinlich muss, ist in den nächsten Stunden von Laden zu Laden tingeln und ihr sagen wie ihr die grauen Turnschuhe stehen. Und welche der grauen Turnschuhe besser zu ihren Augen passen, oder so.

Der erste Anlaufpunkt ist der Deichmann im Einkaufszentrum. Ich bestehe darauf hier anzufangen, schließlich habe ich schon seit langem jedes Jahr mindestens ein Paar Schuhe da gekauft. Jedes Jahr, weil die Dinger pünktlich dann auseinander fallen, wenn man den Kassenzettel verloren hat. Aber Dafür kosten sie auch nur super billige Zwanzig Euro. Natürlich besticht der Laden dadurch, dass alle Schuhe die halbwegs annehmbar sind nur in Größen zu haben sind die einem auf keinen Fall passen. Letztes Jahr hat dieser Umstand dazu geführt, dass ich braune Turnschuhe mit einer weißen Linie kaufen musste. Braune Schuhe sind ganz in Ordnung, aber irgendetwas Weißes an den Füßen zu haben, dass bei jedem Schritt unter der Hose hervorschaut und blinkt, das macht einen Wahnsinnig. Und irgendwann will man sich mit Anlauf in den Fuß schießen. Ich habe das Problem schließlich mit einem schwarzen Edding gelöst, und dem Filialleiter in den Fuß geschossen.
Aber wirklich traurig bin ich nicht, dass diese nun ausgetauscht werden müssen.

Ebenfalls ausgetauscht wurde der Filialleiter. Dies erkenne ich daran, dass niemand ängstlich verschwindet als ich den Laden betrete. Miranda verzieht sich mit einem freudigen Seufzen in Richtung Damenturnschuhe. Ich suche die Herrenabteilung auf. Diese finde ich auch nach längerem Suchen. Der neue Filialleiter hat umgeräumt, mit dem Ergebnis, dass nur noch zwei Regale mit Herrenschuhen gibt, dazu ein Regal mit Turnschuhen. Der Platz der freigeworden ist, wurde für eine extra Abteilung für graue Damenturnschuhe genutzt. Und so findet sich Miranda direkt neben mir wieder ein. Ich überschaue die Lage kurz, und stelle fest, dass es zwei Modelle gibt die ich anziehen würde wenn ich betrunken genug bin. Und eines das ich auch nüchtern ertragen kann. Natürlich gibt es nur von einem dieser Schuhe die Größe 45. Aber he, wenn die Dinger so häßlich sind muss ich halt öfter saufen. Ich mache den Stirn-Test, wobei Miranda mich beobachtet und mich verwirrt ansieht. Bei dem Stirn-Test geht es darum den Schuh an der Spitze zu fassen und sich den Hacken selbst gegen die Stirn zu schlagen, ein Schuh der sich angenehm tragen lässt fühlt sich dabei irgendwie gut an. Das liegt an den persönlichen Vorlieben für Federkraft im Schuh.
Achtung, nicht mit Hackenschuhen machen, könnte ins Auge gehen.

Dies erkläre ich auch Miranda welche wenig überzeugt nickt, und lieber ein Paar graue Turnschuhe anprobiert.
Wenig später weiß ich, dass ich mangels Alternativen noch in einen anderen Laden gehen muss, zwar sind die Schuhe wirklich billig und hässlich, aber ich kann in den Dingern nicht pogen.
Die Leute schauen immer so seltsam wenn man das im Laden ausprobiert, und die Verkäuferinnen sind auch immer leicht angepisst, selbst wenn man ihnen wieder vom Boden aufhilft. Aber sowas muss man testen, das ist wichtig.

Fazit aus dem Deichmann: Ich muss noch wo anders hin.

„Du sag mal wie gefällt der dir?“ fragt mich Miranda unverhofft.
Ich starre auf ihre Füße und kann beim besten Willen keinen Unterschied erkennen. Ein Blick in den offenen Karton neben ihren Füßen überzeugt mich davon, dass sie aber nur einen von den neuen an hat.
„Welcher?“
„Der rechte.“
„Von dir aus, oder von mir aus.“
„Von mir aus.“
„Öhm,“ ach was soll es, es lebe die Ehrlichkeit. „Sind das nicht die selben?“
„Nein“ Ich ernte einen strafenden Blick. „Die haben doch da diesen malvefarbigen Streifen“
Tatsächlich, ist zwischen Sole und Leder ein schmaler Streifen in einer Farbe deren Namen wohl nur Frauen kennen.
„Ah, ja klar.“
„Und?“
„Was und?“
„Na, sehen die gut aus kann ich die tragen.“
FANGFRAGE!! Denke ich mir und sage trotzdem was sie hören will. Oder wovon ich hoffe, dass sie es hören will.
„Sehen klasse aus.“
„Wirklich? Oh danke.“
Treffer, mal ehrlich, es gibt auch Frauen die diese Frage stellen weil sie ein „nein“ hören wollen.
„Besser als meine alten?“ hakt sie nach.
Verdammt, darauf gibt es nun tatsächlich keine Antwort, entweder beleidige ich die neuen oder die alten Schuhe. Super! Da bleibt nur eines: Diplomatie.
„Also ich denke, dass zu der Hose die alten besser aussehen, aber zu einem etwas anderen Blau in der Jeans sind die besser.“
„Ja, da hast du recht.“ Ich glaub ich werde zum Frauenversteher.
Wenig später bezahlt Miranda ihre Schuhe bei einer typischen Schuhverkäuferin. Typisch heißt in diesem Fall, 45 jähriges Sonnenstudioopfer mit frühlingsfarbenden Klamotten, fünfzehn Centimeter Lippenstift und einer Parfumfarne bis zum Friedhof. Aber man soll solche Leute ja nicht mögen, sie sollen einem nur die Schuhe verkaufen.

Wir gehen weiter zu einem Schuhladen in der Innenstadt den Miranda vorschlägt. Dort angekommen:
„Du Miranda, wo sind denn hier die Herrenschuhe?“
„Öhm.. ups.“
„ups?“
„Die gibt’s hier nicht.“
„Hm, dann geh ich mal weiter.“
„Aber die haben hier ganz tolle Schuhe. Und die grauen..“
Da ist sie schon weg. Ich folge ihr langsam zu den Turnschuhen.
Geduldig warte ich ab, während sie Schuhe anprobiert.
„Und wie gefallen die dir?“
„Wirklich toll“ Sage ich zu den grauen Turnschuhen, die aussehen wie alle anderen Schuhe.
„Und die?“
„Miranda,“ unterbreche ich sie. „So gerne wie ich auch deine grauen Turnschuhe mag, meine eigenen Schuhe trinken gierig das schleimige Wasser der Straßenfützen. Und ich bekomme nasse Füße.“
„Ich muss nur noch eben die da anprobieren.“
„Kennst du noch einen Laden? Hier in der Nähe?“ frage ich sie um sie um auf ein Thema zu bringen bei dem ich hoffen kann selbst an Schuhe zu kommen.
„Ja, da ist der gegenüber vom Dom, der ist auch gut.“
„Hat der Herrenschuhe?“
„Hm...“
„Ok, noch einen mit Herrenabteilung?“
Also gehen wir weiter und schauen nach was die entsprechende Abteilung im Galleria Kaufhof zu bieten hat.

Kaum da verliere ich Miranda wieder an die grauen Turnschuhe. Naja wohl besser so. Ich schau mich um und finde tatsächlich ein Paar Treter die wohl im Zwischenraum zwischen Herren und Turnschuh anzusiedeln sind. Klar sind die Dinger damit total Mainstream aber das ist meinen Füssen egal, die wollen nur laufen. Und passen tun die Dinger auch. Ich lege den Karton an die Kasse und sage der Kassiererin (Bauchfreies Topp, Geschmackfreie Frisur, Kuhring durch die Nase, und blonder als ihr gut tut, aber solange sie mir nachher meine Schuhe wieder gibt und die Scannerkasse benutzen kann werde ich nicht meckern) sie soll die aufbewaren.
Dann suche ich wie ein pflichtbewusster Ehemann das Weibchen mit dem ich hier aufgeschlagen bin.
Diese präsentiert mir Stolz einen Satz Turnschuhe der Farbe grau.
„Und was ist mit denen?“
„Welcher ist der neue?“ frage ich leicht resigniert.
„Der rechte.“ antwortet sie leicht entnervt.
„Hm, jo, kannst du tragen.“
„Meinst du nicht, dass der meinen Fuss zu fett aussehen lässt?“
„Nein, gar nicht.“ Antworte ich mit der Hoffnung, dass sie es hören will.
„Und die?“ Sie zeigt mir ein Paar Schuhe die genauso aussehen wie alle Anderen.
„Was ist mit denen?“
„Wie gefallen die dir.“
Es reicht, ich hab die Schnauze voll von grauen Turnschuhen.
„Miranda, es reicht.“
Ich deute ihr schauen als verdutzt.
„Ich hab keine Ahnung, was du mit den Schuhen willst und auch keinen Schimmer was gut aussieht oder nicht. Und erst Recht habe ich keine Lust mehr dir bei deinen Einkäufen nach dem Maul zu reden, weil ich denke, dass du es hören willst.“
Sie schaut mich immer noch so an.
„Ich interessiere mich kein Stück für graue Turnschuhe. Und für Heute habe ich definitiv genug Interesse geheuchelt. Ich hab alles und werde dann gehen.“

Ich warte ihre Reaktion nicht ab und gehe. An der Kasse holt sie mich ein. War auch nicht schwer, schließlich muss ich auf die drei Rentner mit ihren tollen Geschenken für die Enkel (Barbie Traumhaus, Roboduck und Fizzy Sure) warten.
„Na endlich.“ meint sie.
„Was?“
„Hast du deinen eigenen Verstand wieder gefunden.“
Aua, der hat gesessen, aber Recht hat sie.

Sonntag, 23. März 2008

DSDS

Man sollte in seinem Leben irgendwann mal einen Traum verfolgen. Ein Ziel anstreben. Etwas tun, mit dem man berühmt werden könnte.
Aber dafür geht man nicht in eine Castingshow. In eine Castingshow geht man um einen Heidenspaß zu haben.
Und so finde ich mich in der Eingangshalle eines großen Hotels wieder. Am Eingang werden Namensschilder verteilt, und uns erklärt wann wir denn dran wären.

Während Miranda sich weiterhin standhaft weigert mitzumachen lade ich meine Utensilien aus dem grünen Japaner, den uns freundlicherweise zwei Zeugen zu Verfügung gestellt haben. Meine Utensilien sind in diesem Fall eine Gitarre und ein Kasten Bier.
„Und, keine Lust auf Alkohol und schmutzige Leider?“ frage ich sie ein letztes mal.
„Ne bloß nicht, nachher casten die mich noch.“
„Na dann, bis später.“

Ich betrete den Aufenthaltsraum der gut gedrängt mit pubertierenden Jugendlichen ist. Beinahe jeder versucht vor Aufregung zitternd irgend ein Lied zu singen. Ich suche mir eine Ecke, die eine richtige Mischung aus Gemütlichkeit und Exponiertheit bietet und setze mich auf den Bierkasten. Nach einem Bier habe ich es fertig gebracht die Gitarre so halbwegs zu stimmen. Das letzte mal, dass ich gespielt habe ist zwar schon Jahre her, aber ich habe ja noch ein paar Stunden zeit es zu lernen. Außerdem ist das ganze wie Fahrrad fahren, macht mit einem Kasten Bier doppelt Spaß.
Der Großteil meines Bieres besteht aus meinen bewährten Spezialflaschen die gut und gerne 40 Prozent Alkohol haben, wovon man aber nicht viel schmeckt. So hoffe ich zurecht ein paar anwesende zukünftige Nicht-Sänger abfüllen zu können.

Als Einstimmung und um zustimmende Aufmerksamkeit zu erreichen stimme ich „Knocking on Heavens Door“ an. Das Lied ist zum einen extrem simpel zu spielen, außerdem kennt es jeder, und alle singen gerne mit. Ich hasse es zwar massenkompatibel zu sein, aber das große Ziel zählt. Und das Ziel ist es möglichst viele Biere unter das Volk zu bringen. Was auch sofort gelingt. Auf Anfrage gebe ich gerne Flaschen raus. Von der guten Stimmung um mich herum angelockt, und vielleicht auch von der kotzenden Blonden mit kurzem Rock, kommt bald ein Kamerateam auf mich zu. Natürlich war zu erwarten, dass die allgemeine Aufmerksamkeit die Möglichkeit eröffnet mich ins Fernsehen zu bringen. Aber eigentlich habe ich dazu keine Lust. Also stimme ich als nächstes „Im Wagen vor mir“ an, nur um sofort nach dem Intro auf die Textversion der Kassierer umzusteigen.
Wer die Kassierer nicht kennt, dem sei gesagt das ihre Texte häufig weit davon entfernt sind jugendfrei zu sein. Und da selbst RTL sowas nicht im Abendprogramm senden kann, bin ich die Kamera bald wieder los. Einige meiner Mitsänger zwar auch, aber wo gehobelt wird, da fallen Späne. Ich öffne ein weiteres Bier.

Mal ehrlich. Diese Shows sind doch nur etwas für Leute die ihr übersteigertes Selbstwertgefühl zur Schau stellen müssen. Wer keine eigene Kamera hat um sich auf Youtube lächerlich zu machen, muss dieses eben bei DSDS machen. Auch frage ich mich um was es dabei wirklich geht. Darum einen Superstar zu finden wohl kaum. Schließlich haben sie es in den ersten vier Staffeln nicht geschafft irgend einen zu finden der länger als zwei Wochen bekannt blieb. (Bis auf Küblböck, aber ich glaube es ging auch irgendwo um Talent) Auf jeden Fall waren diese Leute von einem Superstar soweit entfernt wie das Ende des Universums zu dessem Anfang. Vielleicht liegt der Fehler daran, dass sie Leute suchen die Singen können, schließlich können Superstars wie Spears oder Aguilera das auch nicht. Aber jemanden zu suchen der einfach nur bereit ist seine Oberweite in die Kamera zu halten und ab und zu keinen Slip zu tragen, dafür ist sich wohl selbst RTL zu schade.
Aber es hat auch gute Seiten solch eine Show. Ohne sie würden die Jugendlichen nur wieder Arbeitslos auf der Straße hocken, so hocken die meisten arbeitslos vor der Glotze, und einige hier beim Casting.

Und hier beim Casting bin ich jetzt tatsächlich dran. Vor mir kommt ein Mädchen durch die Tür, dessen Fettleibigkeit nur durch ihre Akne überboten wird. Aber wenigstens ist sie nüchtern (und kann nicht singen) Viele heute schienen mir zu betrunken zu sein. Zu betrunken zum laufen, oder um feste Nahrung zu behalten. Die Fähigkeit zu singen, war vom Alkoholkonsum wohl unabhängig. Das die Jury heute nicht so viel Spaß hatte, zeichnete sich schon relativ früh ab, als immer wieder nach Lappen und Eimer gerufen wurde.
Ich mag mein Bier.

Ich betrete vorbei an einigen übelriechenden Eimern einen hell ausgeleuchteten Raum. Die Dekoration macht was her, im Zentrum steht eine solide befestigte Fototapete die genügend Platz zum Tisch der Jury lässt, dass sich selbst der dickste Teenie Deutschlands dazwischen lächerlich machen kann.
Und dort am Tisch sitzen sie auch schon, das Dreigestirn des deutschen Musikgeschmackes Dieter Bohlen, Andreas „Bär“ Läsker und Anja Lukaseder. Leute die durch ihren umfangreichen Erfahrungsschatz in der Musikindustrie zweifelsohne beurteilen können was gute Musik ist. Ok, andererseits haben diese Menschen auch sowas verbrochen wie Modern Talking, oder BroSis gemanagt. Aber sowas kann man den Leuten ja nicht ihr Leben lang vorhalten. Das ist denen bestimmt auch peinlich, hoffe ich zumindest.

„Wenn du auch besoffen bist, kannste gleich wieder gehen.“ begrüßt mich Bohlen.
Ich stell die letzte halb volle Bierflasche in der Mitte der ausgeleuchteten Fläche ab, und stelle mich dazu.
„Ne, nach den paar Bier bin ich nicht besoffen, musst also keine Angst haben, dass ich dir auch auf de Schuhe kotze.“ meine ich zu ihm, mit Blick auf seine Schuhe die wohl von einem wahrhaft würgenden Auftritt eines Castingopfers in Mitleidenschaft gezogen wurden.
Noch bevor ich ihn Fragen kann welcher Spiegel ihn denn dazu veranlasst hat sein Turnschuhe zu versauen, werde ich mit den Standardfragen bombardiert. Ich sage bereitwillig aus, dass mein Name Friedrich Uwe Charles Kyou währe, ich im Moment den Studiengang von BWL auf Philosophie wechseln würde, und meine Mama immer gesagt hätte ich währe ein begnadeter Sänger. Davon stimmt zwar nichts, aber die könnten die Wahrheit auch gar nicht vertragen. Gespannt warte ich noch das einer von den drei Mustermusikern meinen Namen durchschaut Aber da könnte ich wohl länger warten. Naja, dann muss ich eben singen.

Leider werde ich mit meiner Intonation des Kassierer Hits „Ich onaniere in den kopflosen Rumpf von Uwe Seeler“ relativ schnell von einem Mann im Anzug unterbrochen. So wie es aussieht ist er irgendwie in der Produktion von dem ganzen Kram. Und auch er hat was gegen nicht jugendfreie Lieder im Abendprogramm. Ich biete freundlicher Weise an dann spontan auf ein anderes Lied umzusteigen. Irgendwas von den Ärzten zum Beispiel. Also laufen die Kameras wieder, und ich muss mich brav auf Ausgangsposition stellen, damit der Zuschauer auch nicht merkt das da was faul ist. Etwas später sind wie wieder an dem Punkt wo ich anfangen soll mit singen.
„Wir haben zusammen...“
„STOP“ schreit es dazwischen.
Ach ja richtig, das Lied steht ja auch auf dem Index.

Grinsend gehe ich zurück auf die Ausgangsposition. Als ich schon los gehen will platzt der Produktionstyp von vorhin wieder dazwischen. Ich soll doch bitte meine Bierflasche abgeben. Na gut auch da spiele ich mit.
Wenig später höre ich wieder das bekannte „STOP“ langsam habe ich das Gefühl, dass dieses zu einem Ritual werden könnte.
„Was machen sie denn mit dem Bier schon wieder?“ kommt der nette Mann, der eigentlich noch nie wirklich nett war, wutentbrannt wieder ins Kamerabild gerannt.
„Öffnen.“ meine ich.
„Ich hab ihnen doch gesagt, sie sollen das Bier da abgeben.“
„Hab ich doch.“ ich mach die Flasche auf.
„Und das?“
„Ist ein neues.“
Ich nehme den ersten Schluck aus der frischen Flasche.
„Dann stellen sie das wenigstens irgendwo ab wo man es nicht ständig sieht.“
„Ja, das ließe sich einrichten.“
Ich liebe es wenn Leute berechenbar sind.

Also stehe ich bald wieder vor der Kamera. Und wieder fragt Anja Lukasedings was ich den singen will. Und da mir gerade die Ideen ausgegangen sind meine ich.
„Irgendwas was eurem Produzenten dahinten gefällt.“
„STOP“
„Was war es denn diesmal?“ meine ich.
„Sie können die Produzenten nicht erwähnen, dann verliert das Ganze den Realiti-touch.“
„Na, super..“
„Aber was sie singen sollen könnten wir jetzt schon besprechen.“
War ja klar.

Einige Minuten später haben wir uns auf Geronimus Cadillac von Modern Talking geeinigt. War auch das einzige was Bohlen zu dem Thema eingefallen ist. Also zurück zum Ausgangspunkt. Meine Bierflasche lasse ich dieses mal gleich an der linken Stütze der Fototapete stehen. Brav antworte ich auf die gestellten Fragen, schon wieder.
„Und was wirst du für uns singen?“ fragt Bohlen schließlich. Scheinheiliger Sack, als ob er das nicht wüsste. Aber wenn ich das jetzt sage muss ich den ganzen Kram noch mal machen und inzwischen reicht es. Also antworte ich brav:
„Geronimus Cadillac, von Modern Talking..“
„Schleimer“ wirft Bohlen mir an den Kopf.
„In einer Growlversion.“ vollende ich meinen Satz.
Bohlen ist sein genialer Schleimer-Kommentar im Halse stecken geblieben. Ok, Growl bei einem Gesangswettbewerb vorzubringen ist wie mit einem rostenden Kiffer-VW-Bus bei einem Formel1 Rennen mitzufahren. Cool, aber chancenlos.
Also Perfekt, denn zum gewinnen bin ich ja nicht hier.

Knappe Einenthalb Minuten später ist das Schauspiel vorbei und ich warte darauf, dass mir die drei kleinen Juroren ihre Meinung sagen, nachdem ich ihre Hütte umgepustet habe.
Erwartungsgemäß beginnt Bohlen.
„Weist du was der Unterschied zwischen dir und einem Eimer Scheiße ist?“
„Ich sitze nicht in der Jury?“ unterbreche ich ihn bevor er seinen Spruch vollenden kann.
Es folgt eine kurze Pause, in der Andreas „Gummi-Bär“ und Anja versuchen das Lachen zu unterdrücken.
„Ne mal echt,“ fängt Bohlen erneut an nachdem er sich von seinem Schock erholt hat, „du kannst sowas von gar nicht singen, echt wenn ich dich höre möchten sich meine Ohren hinter dem Sessel verkriechen.“
„Geht meinen Augen auch so, wenn sie dich sehen. Aber man gewöhnt sich an alles, außer an Modern Talking.“
„Mal ehrlich“ unterbricht Anja Bohlen, bevor der rot anläuft und im schlimmsten Fall noch anfängt zu singen, „du bist doch hier um uns zu veralbern, nicht um zu singen.“
„Nein! Ich bin zum singen hier.“

Und um das zu beweisen greife ich in die Seiten und stimmt ein neues Lied auf die Melodie von Joint Ventures „Er muss uns jetzt was singen“ an.

Vorne da die drei Juristen
fühln sich ganz schön angeschissen
denn für die paar lausgen Kröten
gehen ihre Nerven flöten.
Doch das ist euer eignes Pech
zu hören des Bohlens täglich Blech
Ist die Bezahlung da genug?
Oder wars von RTL Betrug?

Bei allem was ihr ertragen tut
bewundre ich euren großen Mut
mit eigenen Verstandes Lücken
das Niveau noch tiefer weg zu drücken
dabei seit ihr noch Selbstgerecht
und selber auch genauso schlecht.
Nun schaut nicht so verwirrt daher
besser wird es auch nicht mehr

wahrscheinlich werd ihr gut bezhalt, ein Fall für die Nervenheilanstallt.
Niemand wird’s was bringen, ich muss euch halt was singen.

An der Stelle breche ich das Lied ab, und warte auf Reaktionen. Diese bleiben aus.
„Sag mal willst du uns Beleidigen?“ beginnt Andreas „Bär-lauch“ Läsker das Gespräch. Ich? Beleidigen? Nein wieso auch? Ok die Reaktion darauf ist natürlich ein Lied. Diesmal auf eigenen Melodie die allerdings ein wenig an „Wenn ich einmal traurig bin dann trink ich einen Korn“ erinnert, aber nur ein wenig.

Ob ich dich beleidgen will. Nein das wohl nicht.
Das habe ich nicht nötig, denn seh ich dein Gesicht.
Dann weiß ich dieser arme Mensch, der ist bei RTL
Hat keine Ahnung von Musik und ist gedanklich auch nicht schnell.

Läsker ist still, Anja Lakusaeder nicht.
„Ich finde das ganz schön frech was du hier abziehst. Da deine eigene Qualität nicht zu einer Musikerkariere reicht musst du alle beleidigen.“
Natürlich schreit das nach einem weiterem Lied. Melodie in diesem Fall ist „Dörte“ von Rainald Grebe

Sie kam ohn Kustgeschmack zu Welt
Das kann man nicht bezweifeln
nur das sie den noch zur Schau stellt
dran kann man glatt verzweifeln
Sie ist die wahre Quotenfrau
eigentlich auch recht genügend Schlau
nur warum sie dieses nicht gebraucht

„Es reicht!“ brüllt Bohlen dazwischen. „Sowas müssen wir uns hier nicht bieten lassen.“
„Pfft. Sag's doch der Bild.“ mein ich. „Ist bestimme ne klasse Schlagzeile: Pöbel-Bohlen lässt sich von Kandidat nieder machen.“
„Pass mal auf, du hast keine Qualität und nervst“
„Da haben wir ja was gemeinsam.“
Bohlen muss sich nun erst einmal fassen an Kontra muss er sich wohl erst noch gewöhnen. Naja, er fängt sich.
„Aber wenn ich du wäre, würde ich morgens echt nicht mehr aufstehen“
„Und wenn ich du wäre würden mich morgens Plastetitten aus dem Bett drücken.“
Grinsend warte ich auf Bohlens nächsten Kommentar. Die anderen Beiden sind inzwischen still.
Aber es kommt kein weiterer Satz von Bohlen. Stattdessen winkt er. Ich erwarte, dass jetzt endlich die Sicherheitskräfte kommen und mich abtransportieren. Inzwischen werden sie wohl welche gefunden haben die nicht an einer seltsamen Alkoholvergiftung leiden. Ich mag mein Spezialbier, die Sicherheitskräfte wohl nicht mehr.

Aber herein kommen zwei Typen die mit Bohlen aufgeregt tuscheln. Ich schaue mir das Schauspiel an. Schließlich nickt Bohlen und die beiden gehen. Bohlen wendet sich wieder mir zu.
„Echt wenn ich deinen Geschmack hätte, hätte ich keinen.“
„Waren das deine Sprücheschreiber?“
„Wer?“
„Die beiden Typen von denen du dich gerade beraten lassen hast.“
„Ja.“
„Und dann kommen die mit so einem Spruch?“
„...“
„Bist du sicher das du Geld gut angelegt hast?“
„...“

Langsam wird es langweilig. Ich sollte gehen.
„Und bin ich im Recall?“ frage ich leicht belustigt.
„Nein“ meint „Problem-Bär“ Läsker.
„Gut.“

Ich ziehe eine kleinen Fernbedienung aus der Tasche und drücke den einzigen roten Knopf. Woraufhin der Sprengsatz in meiner Bierflasche neben der Bühnendeko explodiert. Während die Fototapete schlecht gehalten durch die einzig verbliebene Stütze langsam in sich zusammen bricht gehe ich.
Hinterlassen tue ich eine gebrochene Dekoration. Und drei gebrochenen Juroren die hinter ihrem Tresen kauern.
Ich mag mein Spezialbier.

Knastvogel

Ich bin auf dem Weg zu Miranda. Miranda verbringt ihre Wochenenden meist auf dem Bauernhof ihrer Eltern. Dieser ist außerhalb der Stadt und so fahre ich mit einem Nahverkehrszug raus. Das letzte Stück wird sie mich mit dem Auto abholen.
Dies wird das erste gemeinsame Wochenende und ihre Eltern sind nicht da. Nach dem anfänglichen Schock zum neuen Jahr war schnell die Überzeugung da doch mal mehr miteinander zu unternehmen. Und das ist bisher eigentlich ziemlich zufrieden stellend verlaufen. Ich sollte sie also wirklich mal besuchen kommen. Von einer Beziehung würde ich zwar nicht sprechen, aber was nicht ist kann ja noch werden.

Während ich mich, bei lauter Punkmusik aus den Kopfhörern, still auf das Wochenende freue unterbricht mich in meinem tun die Schaffnerin. Sie ist eine mittelgroße Frau, blond, dicklich und spricht einen leichten niederbayrischen Akzent, sprich das Bild von der typischen deutschen Frau. Nicht typisch deutsch sind die sieben Anderen die mit mir zusammen im Großraumabteil sitzen. Diese sind allesamt dunkler Hautfarbe und haben sich die Fahrt über in einer Sprache unterhalten, welche ich nicht verstehe.
Die Schaffnerin läßt sich zwei Bayerntickets von den Anderen zeigen und kommt dann zu mir. Als ich die Kopfhörer aus den Ohren ziehe kann ich von ihr ein deutliches verachtendes ächzen hören. Ich zeige ihr mein Studententicket.
„Sind sie sich sicher, dass es hier noch gilt?“ fragt sie.
„Ja sollte.“ natürlich hab ich keine Ahnung, aber warum sollte es nicht.
„Na dann will ich ihnen mal glauben.“
Gut. Bevor sie weiter geht wendet sie sich ein weiteres mal zu mir um und flüstert mir zu.
„Sagen sie warum sitzen sie eigentlich hier“
„Warum nicht?“ frage ich ohne einen Schimmer worauf sie hinaus will.
„Naja wegen den ganzen“ Sie schaut sich noch einmal um. „Niggern“
„Was?“ Ich kann es nicht fassen.
„Naja sie können doch nicht so zwischen Niggern sitzen.“ Wieder spüre ich die Abscheu in dem Wort Nigger. Ich stehe auf.
„Wissen sie, sie haben recht...“
Ich hole aus und ramme ihr meine Faust ins Gesicht. Sie fällt zu Boden. „oder meine Rechte im Gesicht. Ja, das wohl eher.“ beende ich meinen Satz.

Wenig später sitze ich in einem grün-weißem Partybus, nur das mir nicht zum feiern zu mute ist, immerhin konnte ich mich bisher nicht aus der Sache raus reden. Und es wird auch das Wochenende bei Miranda verkürzen. Dazu kommt noch, dass der Bus in die falsche Richtung fährt nämlich zurück zur Wache in die Stadt. Ich frage den Mann am Steuer ob er mich hinterher raus zum Bahnhof fahren würde, aber er antwortet mir nicht.
Auf der Wache werde ich nach einer ordentlichen Wartezeit einem Beamten vorgeführt dem ich in aller Ruhe und bei Tonbandaufzeichnung erkläre warum ich die arme Frau bewusstlos geschlagen habe.
Am Ende meiner Erklärung fragt er. „Aber warum saßen sie überhaupt da im Abteil?“
„Weil ich eine Freundin besuchen wollte.“
„Nein, warum haben sie sich zu den Niggern gesetzt?“ Er spricht das Wort Nigger als müsste er dabei kotzen
„Ich verstehe nicht..“
„Ich meine, dass sind N I G G E R!“

Wieder viel zu lange Zeit später steht vor mir einer der zuvor beschimpften Bevölkerungsgruppe. Er ist der von mir bestellte Anwalt.
„Entschuldigen sie, dass ich nicht schneller kommen konnte. Aber von München ist es weit.“
„Ich weiß, und ich muss ihnen sagen ich hatte tatsächlich besseres vor als hier zu warten.“
„Wirklich?“ er zieht eine Augenbraue hoch.
„Naja, nein die hätten mich nicht weg gelassen.“
„Und das zu recht, schließlich haben sie den Beamten der sie befragt hat mit ihrem Stuhl nieder geschlagen.“
„Ja, und das auch zu recht.“
Ich erzähle ihm die gesamte Geschichte. Er bestätigt, dass ich zwar nicht nach dem Gesetz gehandelt habe, aber ich doch irgendwie Recht hatte.

„Ist der Beamte ernsthaft verletzt?“ frage ich ihn.
„So wie es aussieht nicht.“
„Und die Schaffnerin?“
„Hat ein blaues Auge.“
„Dann werden die Klagen sowieso fallen gelassen.“ meine ich.
„Wieso sind sie sich da so sicher?“ fragt er.
„Es war bei den letzten drei Anklagen auch so.“
„Den letzten drei?“ er kommt nicht ganz mit.
„Der Arzt vor drei Jahren, der Beamte im Einwohnermeldeamt vor zwei Jahren, und letztes Jahr der Trainer eines größeren Baskettballvereins.“
„Sie haben drei Leute..?“
„Wegen ähnlichen Gründen, Ja.“ Ich halte es für sinnvoll Leuten die solche Dinge öffentlich äußern einen Denkzettel zu verpassen. Klar es gibt eine Menge Leute die mit rasiertem Schädel durch die Städte ziehen und Ausländer raus skandieren, aber diese sind meist nur arme Spinner und die Mühe nicht wert. Beamte, Angestellte und Ärzte sollten es aber wirklich besser wissen. Auch wenn ich nicht gerade der Mensch bin, der nett zu seinen Mitmenschen ist. Ich mache keine Unterschiede. Alle sind gleich.
„Diese Leute sind sich meistens durchaus bewusst, dass sie ihren Job verlieren wenn es bekannt wird. Deswegen hat keiner geklagt.“ erkläre ich ihm.
„Bei der Schaffnerin gebe ich ihnen da recht, bei dem Polizisten sieht es hingegen anders aus.“
„Er klagt?“
„Ich befürchte ja.“
„Dann spielen sie ihm das Tonband des Verhöres vor, und fragen sie ihn ob er das wirklich will.“
„Das Tonband ist seltsamer weise verschwunden. Wir haben nur die Videoaufnahmen.“
Das ist nicht gut.
„Können wir seine Mundbewegungen übersetzen lassen?“
„Man sieht ihn nur von hinten.“
Das ist gar nicht gut.

„Es sieht so aus“ erklärt er mir, „Wir können nicht beweisen, dass er es gesagt hat. Also wird er versuchen dem Richter weiß zu machen, dass sie dies nur behaupten um ihn zu diffamieren.“
„Wird der Richter dies Glauben?“
„Ich denke ja. Der Richter der den Fall behandeln wird ist der Selbe der mich bisher jedes mal aus dem Gerichtssaal verwiesen hat.“
„?“
„Drei mal wegen Missachtung des Gerichtes?“
„?!?“
„Zwei mal davon weil ich Cola getrunken habe, einmal weil ich es nicht tat.“
„Alles klar, so einer also.“

Ich rufe Miranda an und erkläre ihr alles. Da sie mich weiterhin in der Zelle behalten wollen, verspricht sie mich zu besuchen.
Als sie einen Tag später zu mir kommt findet sie mich mit dem Laptop auf den Knien vor. Sie setzt sich zu mir. „Du darfst hier drinnen einen Laptop benutzen?“
„Nein, aber Jörg ist nicht ganz so helle wie es für ihn gut wäre.“
„Wie meinst du das?“
„Ich habe mit ihm gewettet, dass ich alle seine Vornamen erraten kann. Er hat verloren.“
„Woher wusstest du seine...“

In dem Moment kommt Jörg zu uns. Jörg ist übrigens nicht mit dem aus meinem Stockwerk verwandt, und ernährt sich wohl auch nicht so abwechslungsreich, er sieht eher nach dem typischen Kaffee-Donut-Cop aus. Seine beiden anderen Vornamen sind Peter und Wolfgang und Miranda kennt diese, nun da sie sein Namensschild lesen kann auch.
„Sie heißt nicht Elfriede!“ Sagt er triumphierend.
„Nicht?“
„Nein sie heißt Elisabeth.“
„Misst, dann bekommst du wohl jetzt 5€ von mir, Miranda wärst du so nett?“
Miranda gibt ihm einen Fünfer, er geht darauf hin.
„Was war das jetzt?“
„Einen Moment.“
Ich versuche den Namen als Passwort und er funktioniert. Sie schaut mir über die Schulter.
„Du hast hier Internet?“
„Seit gerade eben. Elisabeth ist das Administratoren Passwort des Computers des Chefs von diesem Kasten. Und er hat ein W-Lan Netz offen.“

„Nicht schlecht.“ lobt sie mich.
„Danke.“
„Und was hast du wegen dieser Verhandlung vor?“
„Ich muss ehrlich sagen ich habe keine Ahnung. Es sieht wirklich übel aus.“

Der Rest der Konversation tut hier nichts weiter zur Sache. Ich kann nur dem 14 Jährigen Jungen dahinten, der jetzt gerade mit hängender Zunge vor dem Rechner sitzt und nach Porn schielt versichern, dass sie nie dichter als einen Meter an mich ran gekommen ist.
Schließlich lässt sie mich in meiner Zelle zurück. Mit dem Versprechen, dass sie wieder kommt.

Als sie am nächsten Tag wieder kommt hat sie einen braunen Umschlag bei sich. Sie überreicht ihn mir lächelnd.
„Eine Feile?“ frage ich.
„Nein, die haben sie mir am Eingang abgenommen.“
Ich öffne den Umschlag und ziehe ein Tonband daraus hervor. Ich staune nicht schlecht.
„Ich habe eine Kopie behalten und eine an deinen Anwalt geschickt.“ fügt sie immer noch lächelnd hinzu.
„Miranda ich könnte dich küssen.“
„Das lässt du gefälligst, außerdem schuldest du mir 80€ für den Aufwand.“
„Inklusive den fünfen von gestern?“
„Dann sind es 85.“
Eigentlich überrascht mich das Ganze nur wenig. Die Tatsache, dass sie das Tonband hat ebenso wie die Tatsache, dass sie dafür Geld verlangt. Nur eines interessiert mich nun doch noch.

„Woher hast du es?“
„Jörg.“
„Jörg?“
„Jörg.“
„Und er wollte es nicht essen?“
„Jörg, Peter Wolfgang.“
„Ach der.“
Sie schweigt beharrlich.
„Nun lass dir nicht alles einzeln aus der Nase ziehen, spuck's aus.“
„Ok, Ich hab ihn gestern gefragt ob er weiß wen du mit dem Stuhl traktiert hast. Und tatsächlich wusste er es. Außerdem konnte er mir erzählen, dass dieser Polizist abends meist im Stan's One Night ist.“
„Der Schwulenbar?“
„Genau.“
„Und das hat er einfach so ausgespuckt.?“
„Nachdem ich Abführmittel in Kaffee und Donuts getan habe, und ihm den einzigen Schlüssel für das einzige Klo nicht geben wollte schon.“
„Und dann bist du auch in die Bar?“
„Ja, Ich hab mich dann von ihm abschleppen lassen...“
„Moment, ich dachte er ist..“
„Ja ist er auch, aber ich gebe einen wirklich überzeugenden Kerl ab.“
„Deswegen auch die kürzeren Haare heute“
„Ja steht mir oder?“ Sollte eigentlich nur ein dummer Spruch sein, aber diesmal stimmt er. Mal ehrlich wer achtet schon auf die Länge der Haare.
„Sieht gut aus.“ Oder könnte man etwa was anderes sagen? Schließlich will ich ja noch den Rest der Geschichte hören und keine Diskussion über Haare führen. Außerdem sieht es wirklich nicht schlecht aus, ich hab noch nie den kleinen Leberfleck am Hals bemerkt. Er hat die Form eines fluchenden Windowsnutzers.

„Aber hat er es nicht bemerkt?“ harke ich in die Geschichte wieder ein.
„Klar hat er es bemerkt, aber da war er schon an sein Bett gefesselt.“
„Las mich raten, er hat auch noch rosa Plüsch Handschellen?“
„Ja.“
„Oh man..“
„Dann hab ich aus ihm das Versteck des Tonbandes heraus gepresst.“
„Gute Arbeit, und wofür die 80€?“
„Ich musste das Band aus der Schublade mit seiner Unterwäsche raus suchen.“
„Klar das ist die 80 Wert.“
„Und den Frisör bezahlen.“
Dazu sage ich lieber nichts.

Tatsächlich lässt er die Klage wenig später fallen. Als ich gehe holt Miranda mich ab.
„Hast du es?“
„Ja.“
„Gut“
„Und du wirst?“
„Genau.“

Ich gehe rüber zu dem Polizisten mit dem der ganze Ärger begann.
„Es tut mir leid, dass es so hässlich wurde.“
Er drückt ein zerknirschtes „Ja“ zwischen den Zehnen hervor, ich drücke ihm die Hand.
Bevor ich gehe drehe ich mich noch einmal zu ihm um und winke mit seinen Handschellen. Er will eine Schrei vorstoßen und mir nach laufen.
Nur bricht er dies abrupter ab, als der 14 Jährige von vorhin den Browser wenn seine Mutter das Zimmer betritt.
Er hat wohl den Rosa Plüsch an seinem Gürtel noch rechtzeitig bemerkt.

Samstag, 22. März 2008

Ein wahrer Zeuge der Nacht

„Genau, die Erklärung was ich hier mache.“ komm ich gezwungener maßen wieder auf das Thema zurück. Andererseits wäre es langsam ganz interessant die Ereignisse der Nacht überhaupt zu erfahren. Wäre ja mal nett zu wissen neben wem von den Beiden ich nun aufgewacht bin, bevor ich Miranda erkläre das es sie war, oder ihre Schwester.
Ich hoffe ihre Mutter ist nicht auch noch da.

Aber da weder sie, noch ich noch ihre Schwester irgendwas weiß, kann ich mir ja auch einfach irgendwas ausdenken.
„Das ist ganz einfach..“ fange ich an, unterbreche mich dann aber als die Tür aufgeht. Die Küche betritt Jörg. Er durchstreift den Raum und bleibt verwirrt vor dem Gewürzregal stehen, ich sitze ebenso verwirrt auf meinem Stuhl und frage mich was er hier macht.
Er nimmt uns nicht wahr.
„Hunger?“ fragt Mirnada.
„Harrmm.“ antwortet Jörg.
„Kaffee?“ fragt Miranda.
„Herrmm.“ antwortet Jörg.
Miranda steht auf, füllt ein Tasse mit Kaffee und hält sie Jörg unter die Nase. Dieser rümpft die Nase und verkündet „Wuährg“
Miranda geht an den Kühlschrank entnimmt diesem eine Schale mit Kartoffelsalat und hält Jörg diese unter die Nase. Jörg quittiert dies mit einem ebenso eindeutigen „Wuährg“
Miranda scheint ratlos. Ich stehe auf nehme mir den Eimer mit den Bioabfällen schütte Tabasco hinein und halte ihn Jörg unter die Nase. Dieser greift freudig zu und verschwindet mit dem Eimer im Flur. Durch die offene Tür erklingt ein befriedigtes „Hmmm“
„Der ist nichts anderes gewohnt.“ beantworte ich Mirandas ungestellte Frage.

Wir setzen uns wieder. Und kaum einen Moment später soll ich erklären was ich hier mache. Zum Glück unterbindet die Tür meinen Versuch, diese öffnet sich nämlich schon wieder. Herein tritt, ein mir vollkommen unbekannter Mann der nach der Dusche fragt.
„Die letzte Tür links“ antwortet Miranda.
„Wer ist denn das?“ frage ich sie, froh vom Thema ablenken zu können.
„Keine Ahnung.“ meint sie.
„Und was macht der dann hier?“
„Duschen.“
„Findest du das nicht seltsam.“
„Stimmt, wir sollten ihm nachgehen.“
„Sag ich ja.“
„Die Dusche ist nämlich die letzte Tür rechts.“

In der Abstellkammer finden wir den Fremden wieder. Er versucht gerade den Staubsauger zu überreden Wasser zu spucken. Wir bringen ihn dazu den Wischlappen nicht für ein Handtuch zu halten und führen ihn ins Bad.
Dieses steht allerdings schon jetzt knöcheltief unter Wasser. Der Grund dafür ist, dass die Dusche läuft. Und die Dusche läuft weil sie bereits benutzt wird. In der kleinen Kabine drängen sich Ali, von meinem Stockwerk, und ein Biologie Student, den ich vor ein paar Wochen mal dazu gebracht habe mein Essen in der Mensa zu bezahlen. (War damals eine lustige Sache in der ein Dalmatiner Plutonium und eine grüne Maurerkelle die Hauptrolle spielten. Aber das erzähl ich ein anderen mal.) Auf jeden Fall ist die Dusche bereits voll.
Der Fremde überlegt kurz und gesellt sich dann zu den Beiden. Wir verziehen uns erstmal.

„Duschen klingt eigentlich gar nicht schlecht.“ meine ich, froh noch einmal von dem unweigerlich wieder aufkommenden Thema ablenken zu können.
„Solange du nicht erwartest das ich mich wie er zu dir geselle.“
„Natürlich nicht, ich würde dir raten dich vorher zu entkleiden.“ kontere ich zurück.

„Wir hätte noch eine Badewanne.“
„Klingt toll.“
Sie beschriebt mir den Weg und geht selbst zurück in die Küche. Vor der Badezimmertür treffe ich auf Mirandas Schwester. Sie sieht immer noch recht bleich aus, hat aber inzwischen ein T-Shirt über gezogen. So wie es aussieht hat sie gerade ihre umfangreiche Opferung an den Porzellangott abgeschlossen.
„Sag mal, was war hier eigentlich gestern los?“ frage ich sie.
„Keine Ahnung.“
„Und du hast mein Portmonee tatsächlich in deinem Zimmer gefunden?“
„Lag auf dem Schreibtisch.“ Sie würgt erneut und flüchtet wieder ins Bad. Dieses Bad ist glücklicherweise nicht überschwemmt trotzdem hält mich neben der kotzenden Schwester noch etwas anderes vom Baden ab. Ich wandere zurück in die Küche.

„Schon fertig mit baden?“
„Baden geht nicht. Ne Zitrone?“ ich ziehe eine Zitrone aus meiner Tasche. Da sie den Kopf schüttelt beschließe ich die Frucht erst einmal aufzuheben.
„Wieso geht das nicht.“
„Wegen dem Zitronenbaum in deiner Badewanne.“
„Ach so.“ nach einem kurzen Augenblick fährt sie fort. „Was macht ein Zitronenbaum in meiner Badewanne?“
„Wachsen nehme ich an.“
„Bekommt er den genug Licht?“
„Keine Ahnung, aber Erde und Wasser hat er.“
„Langsam würde mich echt interessieren, was hier die Nacht über abging.“
Ja mich auch.

Und langsam wird es Zeit dies heraus zu finden. Dazu interessiert mich in aller erster Linie in welchem Zimmer ich heute aufgewacht bin. Eigentlich sollte dies recht einfach zu klären sein, schließlich wird ja immer noch das Fenster aufstehen. Gesagt, getan und auf zu ihrem Zimmer. Zwar will Miranda eigentlich wissen warum ich ihr Zimmer begutachten muss, aber sie gibt sich auch ohne Erklärung zufrieden, mit der Hoffnung überhaupt Licht in den Abend zu bringen.

In ihrem Zimmer fällt mir ein Stein vom Herzen als ich sehe, dass das Fenster offen steht. Schließlich ist es wesentlich einfacher jemanden den man mag zu erklären, dass man neben ihr aufgewacht und abgehauen ist, als dass man das selbe mit ihrer Schwester getan hat. Und dann kann ich jetzt auch mit allem was ich weiß raus rücken.
„Also als ich..“
Miranda unterbricht mich, „Hast du das gehört?“
„Was?“
„Da schon wieder.“
Tatsächlich ist ein Stöhnen zu hören. Wir untersuchen das Zimmer, können aber nichts finden was stöhnen könnte. Außer vielleicht einem alten Stück Kuchen das unter dem Bett liegt, aber das ist noch nicht alt genug um sprechen zu können.
Alt genug um sprechen zu können, ist allerdings der Typ den wir schließlich im Gebüsch unter dem Fenster finden.

Kaum später stehen wir unten vor dem besagten Busch, und auch wenn nur die Beine heraus ragen erkenne ich wer da steckt.
„Fred?“
„Ja.“
„Was machst du den im Busch?
„Bin rein gefallen.“
„Nachdem du aus dem Fenster gesprungen bist?“
„Genau.“
„Nachdem du planlos durch die Gegend geirrt bist?“
„Ja...“
„Und dann festgestellt hast, dass du neben einer dir unbekannten Frau aufgewacht bist.“
„Aua..“
„Dann hast du dich angezogen und bist aus dem Fenster gesprungen.“
„Ja“
Wir ziehen ihn an den Beinen aus der misslichen Lage und legen ihn auf den Rasen. Ein Kaffee in der Küche und eine warme Decke sollten allerdings alle Schäden beheben. (Bis auf die an der Hecke.)

„Woher wusstest du, wie er in den Busch gekommen ist“ will Miranda wissen während Fred einen Kaffee schlürft..
„Wir haben den selben Ratgeber.“ Meine ich und lasse mir von Fred sein Handbuch für Betrunkene geben. Miranda wirft es mit den Worten „Kenn ich.“ unbesehen in den Mülleimer.
„Außerdem ist es mir heute...“ morgen ähnlich gegangen, will ich sagen, aber die Situation wird von Mirandas Schwester unterbrochen, welche Jörg am Ohr in die Küche schleift.
„Den hab ich im Flur gefunden, er hat aus dem Biomüll gelöffelt.“
„Japp, ich weiß“ antwortet Miranda. Hinter ihrer Schwester schieben sich Ali und die beiden anderen uns unbekannten Männer in die Küche. „Gibt es hier Kaffee?“ fragt einer.

Nach einer größeren Suchaktion treiben wir alle Anwesenden in die Küche mit gut zwanzig Leuten wird es dort recht eng. Manuela serviert Kaffee. Der letzte der die Küche betritt ist Robert, den ich seit seinem unfreiwilligem Abgang aus meinem Stockwerk nicht mehr gesehen habe. Er scheint nicht extrem übel gelaunt zu sein, ist aber wohl auch nicht nüchtern. Miranda hat ihn auf der Klärgrube gefunden.

Einige gezielte Fragen lassen erkennen, dass der einzige der sich an irgendetwas erinnert der neue Freund von Robert ist. (Später habe ich erfahren, dass die beiden seit ein paar Wochen ein Paar sind. Sie haben sich während seinem kurzen Gefängnisaufenthalt unter der Dusche kennen gelernt.)
Dieser heißt passender Weise Detlev und kann tatsächlich einiges an Licht in die dunklen Gassen der Erinnerung bringen.
So erklärt er uns, dass wir gestern von zwei verschiedenen Feiern hier her gekommen sind. Er mit Manuela, ebenso knapp die Hälfte der Anwesenden. Ich bekomme derweil raus, dass ich sowie Fred mit Miranda zusammen eingetroffen sind. Hier ging die Feier dann noch fröhlich weiter bis alle irgendwo verschwunden sind. Wer wohin, kann er uns leider nicht sagen da er zu dem Zeitpunkt schon nach Robert suchte. „Wusstest du, dass ein Haufen Zeugen unter deinem Stall leben?“ beschließt er seinen Bericht.

Knapp eine Stunde später sind die meisten der Anwesenden aufgebrochen, wobei der Großteil sich auch erbrochen hat. Miranda und ich stehen alleine auf dem Hof. Ich werde den grünen Japaner der Zeugen nehmen um nach Hause zu fahren.
„Du?“ sagt sie.
„Ja?“ antworte ich.
„Sag mal wegen letzter Nacht?“
„Ja?“
„Es tut mir irgendwie Leid.“
„Mir auch.“
„Ich mein, dass ich mit deinem besten Freund im selben Bett geschlafen habe, und so.“
„Ich mein, dass ich mit deiner Schwester im selben Bett geschlafen habe, und so.“
Es folgt eine Pause in der sie realisiert was ich gerade gesagt habe.
„Du hast was?“
„Bin heute morgen aus ihrem Fenster gesprungen.“
„Dann kannst du ja froh sein, dass du den Sturz aus dem Dachgeschoß auf die Steinplatten überlebt hast.“
„Was?“
Sie zeigt mir das Fenster des Zimmers ihrer Schwester. Und ich bin mir jetzt ziemlich sicher, dass ich aus einem anderen Fenster gesprungen bin.
„Sag mal ist deine Mutter zu hause?“ frage ich schließlich.
„Nein.“
„Puh.“ ein Glück.
„Sag mal falls ich aus deinem Fenster gesprungen bin..“
„Ja?“
„Was macht denn Fred da?“
„Keine Ahnung.“ sie grinst.
„Und du bist sicher, dass du dich an nichts erinnern kannst?“
„Keine Ahnung.“ sie grinst noch breiter.
„Und du weißt auch nicht wieso ich in dem Zimmer deiner Schwester war?“
„Warst du?“ ich habe das Gefühl, dass ihr Grinsen gleich an den Ohren vorbei geht und sich an ihrem Hinterkopf verknotet.
Mir reicht es erstmal. Ich habe keine Lust mehr mich von Miranda so angrinsen zu lassen und bin außerdem nicht in der Lage das Gespräch in eine vernünftige Richtung zu lenken. Ich gehe.

Bevor ich am Auto holt Miranda mich ein.
„Du solltest mich mal besuchen kommen.“ meint sie lächelnd.
„Sollte ich?“

Freitag, 21. März 2008

Zeugen der Nacht

Einem Mädchen zu erklären, dass man neben ihr aufgewacht und dann still und heimlich geflohen ist, ist nicht wirklich etwas das man vor dem Mittagessen machen sollte. Normalerweise erklärt man auch niemandem sowas, da man ja schließlich schon lange vor dem Mittag abgehauen ist. Nur hat man halt manchmal das Problem, dass man zu ihr zurück gehen muss, da man irgendwie nicht weg gekommen ist.
Und da man so etwas nicht vor dem Mittagessen macht, sitzen Miranda und ich in der Küche und warten auf zwei Lasagnen aus der Mikrowelle. Wobei sie ebenfalls sämtliche Fragen freiwillig auf einen Zeitpunkt nach der Mahlzeit verschoben hat. Dies könnte aber auch daran liegen, dass sie sich wohl auch noch nicht so ganz sicher ist wo oben und unten ist. Aber irgendwann haben wir beide aufgegessen, und sie stellt mir die unausweichliche Frage.
„Was machst du hier überhaupt?“
„Nun, ja ich bin aufgewacht, und dann...“ In dem Moment klingelt es an der Tür. Da ich noch immer wesentlich sicherer auf den Beinen bin als Miranda gehe ich zu Tür.
Draußen stehe zwei Zeugen Jehovas.

Ich mag die Zeugen nicht, sie nerven und rauben sinnlos meine Zeit. In meiner Bude habe ich für solche Leute einen eigenen Schutzmechanismus entwickelt, denn einfach Stromstöße reichen bei ihnen selten. Nein, auf Knopfdruck öffnet sich ein Fach in dem ein gekühltes Bier und eine Zigarre wartet dazu startet im Hintergrund von einem Beamer projiziert ein Porno. Dann lade ich sie freundlich auf ein Bier ein, und frage sie ob sie den XXXorzisten schon kennen. Im Normalfall bekomme ich einen Kommentar, dass meine Seele in die Hölle wandern wird. Woraufhin ich sie normalerweise frage, ob ihnen ein Schwulenporno lieber währe, den müsst ich aber erst aus der Videothek holen. Dann geben sie auf. Meine Seele rette ich allemal selbst!
Was mich aber noch mehr stört als ihre Penetranz ist, dass man sich nicht einmal richtig lustig über sie machen kann, weil Typen wie Mittermeier schon alle guten Gags verbraten haben. Mal ehrlich, wenn ich einen Text über ein Gespräch an der Tür mit Zeugen Jehovas schreiben müsste, ich würde es lassen. Oder ihn nach zwei Zeilen damit abschließen, dass die Hauptperson die Tür zuschlägt.

Noch bevor sie „Dürfen wir mit ihnen über Gott und die Welt reden“ sagen können, schlage ich die Tür zu und gehe zurück in die Küche.

Auf dem Flur begegne ich Miranda die natürlich wissen will wer da war.
„Zeugen.“ meine ich knapp.
„Echt?“
„Ja.“
„Und du hast die weg geschickt?“
„Natürlich.“
„Warum, ich sammle die!“
„?!?“
Sie ignoriert meinen Einwand und stürmt zur Tür. Die Zeugen gehen grade.
„Halt wartet, ich möchte mit euch über Gott und die Welt reden!“ brüllt Miranda ihnen hinterher. Die beiden drehen sich verwundert um.
Während ich mich frage, was sie mit sammeln meint schleife ich mich zu Tür zurück um aus nächster Nähe zu beobachten wie Miranda die beiden Spinn.. tschuldigung, Geistlichen einlässt. Als der zweite an mir vorbei geht ziehe ich einen Autoschlüssel aus seiner Tasche. Auch wenn zu dem Schlüssel zweifelsohne ein lindgrüner Japaner gehören wird, vielleicht muss ich ja von hier fliehen, weil die Geistl.. tschuldigung Spinner irgendwelche heiligen Rituale zu ehren des Zitronenbaumes anstimmen. Oder so.

Sie lassen sich in der Küche nieder und keinen Augenblick später geht es schon bunt über lästerliches Leben, und die Religion und den Einzug ins Himmelreich und die Unreinheit von Hackfleisch. Klar, dass die sich den Gammelfleisch Skandal zu nutze machen.

Naja wenn die schon mal da sind kann ich mich auch dazu gesellen. Ich nehme mir einen Kaffee und unterbreche das Gespräch mit den Worten.
„Und Jesus schon wieder zurück aus dem Heimaturlaub?“
Ich ernte zwei leicht verzweifelte Blicke. Dann meldet sich einer zu Wort und meint:
„Seit 1874 weilt er unter uns.“
„Dann ist der Knabe inzwischen 133 Jahre alt? So eine Krippengeburt scheint Jung zu halten, sollte man mal den Krankenkassen vorschlagen.“
„Jesus Wiedergeburt fand nicht in einer Krippe statt.“
„Oh, naja, ist aber schon etwas ohne Stil oder?“
„Die Wiederkunft Jesu hat nichts mit Stil zu tun!“
„Aber, so ein Stall muss doch sein. Gehört doch einfach dazu, und Ochse Esel die drei Betrunkenen aus dem Morgenlande.“
„Es geht nur um die Taten.“
„Sag ich ja, obwohl ich da schon gerne die Fernsehrechte dran hätte.“
„Ihre Einstellung gefährdet die Reinheit ihrere..“
„Ja, ja schon klar. Wie läuft es eigentlich so mit den letzten Tagen und so?“
„Die Letzten Tage haben begonnen...“
„Und Harmagedon ist nicht mehr weit“ unterbreche ich ihn.
„Nur mit uns könnt ihr eure Seele Retten. Nur die Zeugen Jehovas unterstehen dem Schutz Jesu. Alle anderen werden vergehen mit dem Ende der alten Welt, der Welt wie wir sie kennen.“

Ich überlege ob ich ihn fragen soll ob die Kakerlaken dieses Ende auch überstehen, wie bei einem Atomkrieg, oder so. Stattdessen entscheide ich mich zu einer anderen Frage.
„Und hilft es nicht einfach Bruce Willis mit einem umgebauten Spaceshuttle auf den Asteroiden zu schicken und ihn dort mit einem nuklearen Sprengkopf zu zerstören, um Harmagedon zu beenden“
Die beiden schauen mich verständnislos an.
„Das war Armageddon“ meint Miranda schließlich. „Kann ich dich mal sprechen?“ fügt sie an.

„Ich hätte nicht gedacht, dass du dich mit den Spin.. äh Typen unterhältst.“ meine ich.
„Spinner trifft es schon ganz gut.“
„Du hast gesagt du sammelst die?“
„Genau, und dazu muss ich sie rein lassen.“
„Was meinst du mit sammeln.“
„Im Stall gibt es ein paar Zellen die voll werden müssen.“
„WARUM?“
„Wenn ich 144.000 voll hab komm ich in den Himmel.“
„?!?“
„War ein Scherz, aber es ist schon nett, wenn hier ein paar Zeugen verschwinden kommen immer mehr.“
„Du sammelst die wirklich?“ meine ich trocken.
„Japp.“
„Psychopat.“
„Du auch.“
„Will ich sehen.“
„Klar, aber erstmal müssen wir die Beiden überreden mit in den Stall zu kommen.“
„Ok, ich erkläre ihnen, dass in unserem Stall letzte Nacht ein Baby geboren wurde und, dass es der neue Jesus ist.“ schlage ich vor.
„10 Euro wenn du es nackt machst.“ meint sie.

Wenig später setzen wir uns als wäre nichts gewesen zurück in die Küche.
„Wissen sie..“ Beginne ich das Gespräch in die richtige Richtung zu lenken.
„Warum sind sie nackt?“ werde ich entsetzt von einem der Zeugen unterbrochen.
„Ich trage eine Kaffeetasse.“ erwehre ich mich der Anschuldigung.
„Aber...“
„Nichts aber, es gibt wichtigeres als meine unvollständige Bekleidung.“
„Aber,..“ setzt er erneut an.
„Und zwar das Pärchen mit dem Kind im Stall.“
„Pärchen?, Kind?...“ Er scheint immer noch ziemlich verwirrt, sein Kumpane sagt gar nichts mehr.
„Stall.“ Setze ich seine Aufzählung fort. „Da draußen seit gestern Abend.“
„Ich verstehe nicht.“ gibt der Andere zu.
„Im Stall ist ein Pärchen, und seit gestern Abend auch ein Kleinkind.“
„Wie?“ Die beiden sind echt schwer von Begriff.
„Gestern Nacht wurde im Stall da draußen ein Kind geboren. Weswegen der Ochse und der Esel auch die ganze Nacht geschrien haben. War echt nicht auszuhalten. Eines der Schafe musste ich heute morgen sogar erschießen.“
„Ist das wahr?“
„Naja, bis auf das erschossene Schaf schon.“
„Warum, haben sie die nicht ins Haus gelassen?“
„Wollten mit mir nicht über Gott und Welt sprechen. Aber viel interessanter finde ich, dieses seltsame leuchten, welches die ganze Nacht aus dem Stall kam. Obwohl darin gar kein Strom ist.“
„Leuchten?“
„Ja und seltsame liebliche Musik, beinahe schon Lärmbelästigung.“
Während der einzige der im Moment der Sprache mächtig zu sein scheint immer noch nicht versteht, platzt es aus dem anderen heraus.
„Dürfen wir es sehen?“
„Natürlich, ich ziehe mir nur eben was an.“

Wenig später öffne ich den Stall. „Wo sind sie, wo sind sie?“ wollen die beiden Zeugen aufgeregt wissen. „Folgt mir“, meint Miranda und geht voraus. Sie öffnet in dem ziemlich normal wirkenden Stall eine Klappe im Boden und klettert hinunter. Drunten ist es stockfinster. Als wir alle unten sind tastet sich Miranda an der Wand lang. Plötzlich wird es hell. „Guten Morgen“ ruft Miranda vom Lichtschalter aus und langsam regt sich Leben in den Stahlgitterzellen. Unsere beiden Begleiter sind starr vor Schreck. Miranda öffnet eine leere Zelle und winkt den beiden freundlich zu.
„Kommt hier lang.“ ruft sie.
„Aber, aber all die Leute?“ stottert einer der Beiden der seine Sprache wieder gefunden hat.
„Ach die sind schon länger hier.“ meint Miranda.
„Das ist ja Uwe!“ bricht es aus dem anderen plötzlich hervor, er rennt rüber zu einem Käfig. Uwe erhebt sich müde von einer Pritsche. Und starrt seinem Besucher entgegen.
Er gähnt und begrüßt ihn mit „Hallo Klaus.“
„Mensch dich hab ich ja ewig nicht gesehen, was machst du denn hier?“

„Kommt eure Zelle wartet“ ruft Miranda den beiden zu und unterbricht somit das Gespräch.
„Zelle?“ meint Klaus.
„Ja.“ antwortet Miranda.
„Aber, aber, das ist doch...“
„Gar nicht so schlimm“ unterbricht Uwe ihn.

Nachdem alle anwesenden der Meinung sind, dass es besser wäre wenn die beiden Neuankömmlinge einfach die Zelle beziehen mache ich mit Miranda einen Rundgang. Zugegeben, die Neuen mussten erst einmal überredet werden, aber nachdem ihnen klar wurde, dass sie keine Alternative haben...
„Sag mal warum, waren die anderen denn auch dafür, dass die beiden hier bleiben?“ frage ich Miranda.
„Das wirst du gleich sehen.“
„Wir befinden und hier im Schlaftrackt“ beginnt Miranda die Führung. Wir sehen einige Zellen. Sie sind zum Teil von nur einem aber auch von bis zu vier Menschen belegt. In einem steht ein Doppelbett. In einem anderen liegt nur Stroh.
„Warum liegt den hier Stroh rum?“ frage ich Miranda, da überall sonst es wesentlich aufgeräumter aussieht.
„Und warum hast du ne..., lass die Scherze.“ meint sie.
„Nein, ich wollt wissen warum er hier kein Bett hat?“
„Er will keines.“
„Stimmt“ mischt sich der bärtige Insasse ein, „auf Stroh schlafen ist besser für den Rücken.“

„Natürlich können sie die Zellen verlassen wenn sie es wollen, nur den Keller nicht. Wir haben uns darauf geeinigt, dass ich sie in den Zellen einsperre wenn ich hier unten bin. Um den Stil zu wahren.“ Wir kommen an eine Sofaecke mit großem Fernseher vorbei, angeschlossen an ihn eine Wii und eine PS2.
„Die PS3 kommt nächste Woche“ erklärt Miranda.
Weiterhin zeigt sie mir ein Billardzimmer eine Küche und einen kleinen PC-Pool.
„Ich hab hier eine DSL-16000 Leitung reingelegt, du würdest nicht glauben wie scharf die auf CS sind.“
Als wir an einer Kapelle vorbei kommen erklärt mir Miranda, dass die Insassen diese haben wollten, worauf Miranda sie eingerichtet hat. Nachdem ich ein kleines Schwimmbad und eine Sauna bewundert habe frage ich Mirnada wie sie das Ganze finanziert.
„Nun zum ersten verkaufe ich die Autos mit denen sie kommen Außerdem haben wir uns darauf geeinigt, dass sie Dinge herstellen die ich dann verkaufe, wie Portmonees zum Beispiel. Auch an den Büchern die sie so schrieben verdiene ich mit. Das läuft ganz gut. Soll ich dir mal meine Sammlung zeigen?“
„Warum nicht..“ ich bin immer noch leicht verwirrt.

„Pete in der Zelle mit dem Stroh kennst du ja schon er entwirft Schlafsäcke. Die Bundeswehr überlegt ob sie sich welche von ihm anschaffen soll. Das dahinten sind Katrin und Gerald, Katrin ist schwanger. Ich denke das wir hier bald den ersten in Gefangenschaft geborenen Zeugen haben werden.“ Ich begrüße die beiden.
„Uwe dahinten hat die letzten drei Stephen King Romane ins deutsche übersetzt. Und Robert da leihe ich immer mal an Pornoproduktionen aus.“
Nach einer Weile hat sie mir ihre zwanzig „Exponate“ vorgestellt. Sie scheinen alle erstaunlich glücklich. Auch die beiden Neuen unterhalten sich schon angeregt mit ihren Nachbarn. Wir gehen derweil zurück ins Haus.

Wieder in der Küche kommt zu meinem Unglück bei ihr die Erinnerung an das Gespräch vor den Zeugen zurück.
„Du wolltest mir irgendwas erklären.“
„Ja wo war ich stehen geblieben?“ frage ich als ich mich setze.
„Wir waren da stehen geblieben wo du mir erklären wolltest was du hier machst.“
„Ah, ja. Erinnerst du dich an letzte Nacht?“
„Nein.“ Sehr gut.
„Gut!. Also wir waren da auf einer Feier, richtig?“
„Japp und da denke ich, dass...“
In diesem Moment geht die Tür auf, herein tritt ein Mädchen das etwas jünger sein muss als Miranda. Sie trägt einen Hose und ein BH aus Seide mit Spitze, bei dem mir auf den ersten Blick auffällt das ich ihn schon mal in der Hand gehabt haben muss.
Miranda erkennt meinen Blick, erkennt aber zum Glück nicht mein entsetzen. Sie schickt das Mädchen raus mit den Worten. „Manuela, geh dir was anziehen.“
„Das ist meine Schwester“ meint sie dann zu mir.
Ganz ruhig denke ich mir, das mit dem BH kann ein Zufall sein, davon gibt es sicher dutzende in diesem Haus.

Noch einmal öffnet sich die Tür. „Ich hab das hier in meinem Zimmer gefunden, jetzt geh ich kotzen.“ Sie wirft ein Portmonee zu uns rüber und tut dann wie sie angekündigt hat.
Während ich die Würgegeräusche aus dem Bad höre stelle ich erschrocken fest, dass es sich um meinen Geldbeutel handelt. Meine Börse in ihrem Zimmer.
Ganz ruhig denke ich bei mir selbst, das kann ein Zufall sein..

Miranda unterbricht meine Überlegungen, wie zum Teufel das tatsächlich ein Zufall sein könnte.
„Du wolltest mir erklären, was du hier machst...“


Montag, 10. März 2008

Ein neues Jahr

Ein neuer Tag und wahrscheinlich auch ein neues Jahr. So sicher bin ich mir da noch nicht, denn wie immer ist das einzige was aus dem alten Jahr, wenn es denn schon vorbei ist, geblieben ist ein ordentlicher Rausch. Ich bin einfach noch nicht nüchtern genug um beurteilen zu können welches Jahr wir gerade haben. Im Moment bin ich eigentlich schon froh wenn ich beurteilen kann wo oben und unten ist.
Nach einigen Augenblicken beschließe ich, dass das unter meinen Füßen unten sein muss und bewege mich zur Toilette. Das ist ein Weg den ich glücklicherweise auch total besoffen, schlafend und tot finden würde, und das ist auch gut so.
Tür auf, Flur links, Tür rechts, dann nochmal rechts. Nur da ist keine Tür nur ein Staubsauger und ein paar Koffer. Dies ist äußerst seltsam, zum einen ist es hier ziemlich Dunkel, dafür das es ein Flur sein sollte an den ein Klo grenzt, zum anderen dafür zu klein. Außerdem würde niemand einen Koffer auf dem Flur eines Wohnheimes stehen lassen, außer er will, dass Jörg ihn ißt.

Ich gehe den Weg zurück und versuche dabei auf ungewöhnliche Einzelheiten zu achten, aber irgendwie kann ich mich immer noch nicht so recht konzentrieren. Dieser blöde Alkohol, ich werde nie wieder was trinken. Zumindest bis ich wieder nüchtern bin. Ich gehe zurück in mein Zimmer um einen Plan zu schmieden. Nach reichlicher Überlegung beschließe ich mich anzuziehen, in der Küche einen starken Kaffee zu machen und danach das rätselhafte Verschwinden der Toilette zu untersuchen. Ich hoffe nur, dass die Küche immer noch da ist wo sie letztes Jahr war.
Bis dahin kommt es nur nicht. Beim anziehen tritt nämlich schon das nächste Problem auf. Nachdem ich erfolgreich meine Hose angezogen habe, halte ich ein Kleidungsstück in der Hand, bei dem ich nicht weiß wo ich es hinziehen soll. Es ist aus Seide, hat Spitze, Träger und zwei schalenartige...

Ich lasse den BH fallen und schaue mich entsetzt um. Dies ist mein Zimmer, es ist nur sauberer und viel Größer. Außerdem hat es Gardinen. Im Bett liegt eine mir fremde Person die ich einfach mal unter dem Begriff Frau einsortiere.
Dies erklärt natürlich einiges. Ich habe gestern ein Mädel mit nach Hause gebracht, die eine Wand aus meinem Zimmer gerissen hat um es zu vergrößern. Danach hat sie dann aufgeräumt weil es ja durch den Bauschutt sowieso nötig war. Im Rahmen der Baumaßnahmen muss sie dann auch meine Toilette verschoben haben. Nach der vielen Arbeit ist sie dann halb nackt in meinem Bett eingeschlafen. Die Erklärung scheint logisch. Und konsequenterweise, muss ich sie jetzt nur noch fragen wo sie meine Toilette hin getan hat bevor ich sie freundlich auffordere zu gehen.

Also wecke ich sie. Als ich ihr gerade auf die Schulter tippen will kommt mir eine bessere Erklärung. Sie ist so genial einfach, dass es ihr bis jetzt unmöglich war durch die Alkoholnebel in meinem Gehirn zu dringen. Der Kerngedanke der Erklärung lautet, ich bin nicht zu hause.
Nach einigem Überlegen hallte ich diese Theorie für sinnvoller als die Erste, woher hätte sie schließlich die Gardinen bekommen sollen.

Aus den gegebenen Umständen halte ich es für besser mich schnellstmöglich zu verdrücken. Schließlich heißt es im Handbuch für Betrunkene unter dem Abschnitt.
„Was tun wenn man bei einer fremden Person im Bett aufwacht“
  • Verdrücken sie sich schnell bevor sie noch aufwacht und sie ihren Namen herausfinden müssen. Denn wenn sie erst einmal ihren Namen wissen könnte es passieren, dass diese Person noch mehr von ihnen will. Und dies wird dann zweifelsohne dazu führen, dass sich der Zeitraum bis zum nächsten Vollrausch verlängert.
  • Sollte dieses nicht möglich sein, sagen sie, dass sie nur der Klempner sein und mal nach den Rohren sehen wollten. Gehen sie dann einfach sich besaufen.
  • Sollte sie es nicht glauben, trinken sie einfach mehr Alkohol.
Irgendwie hat mir das Handbuch für Betrunkene noch nie wirklich weiter geholfen, da es seltsamer weise immer in einem Vollrausch endet, nach welchem man dann meist wieder das Handbuch benötigt um seine Probleme zu lösen. Aber es war bei einer Flasche Jägermeister dabei, und muss damit zweifelsohne Recht haben. Außerdem habe ich im Moment absolut keine Hirnzellen frei um mir was eigenes auszudenken, dafür sind meine Hirnzellen viel zu sehr mit dem Schwimmen im Alkohol beschäftigt.
Ich verstaue das Buch wieder in meiner Hosentasche, wähle also Lösung eins und suche die Haustür. Meine Suche endet allerdings wieder an diesem Seltsamen Ort mit den Koffern und dem Staubsauger. Ich gehe zurück in mein Zimmer, welches wohl doch nicht meines ist. Dort konsultiere ich ein weiteres mal das Handbuch für Betrunkene. Dort wird mir dann auch unter dem Punkt „Wie finde ich einen Ausgang aus einem mir fremden Haus“ empfohlen einfach aus dem Fenster zu springen und mir hinterher an der nächsten Tankstelle was zu trinken zu holen.
Gut, gelesen, getan.

Wenig später spüre ich den befreienden Luftzug um meinen Kopf. In einem kurzen Moment denke ich mir, dass es doch dumm war aus dem Fenster zu springen, schließlich ist mein Zimmer im achten Stock. Dann fällt mir ein, dass es ja gar nicht mein Zimmer war aus dessen Fenster ich gesprungen bin. Zum Glück ist der Moment zu kurz um mich zu ärgern nicht geschaut zu haben wie hoch es ist. Ich schlage in einer Hecke auf, aus der ich mich unverletzt befreien kann.

Und nun ab nach Hause. Nur wo ist das? Für die Stadt in der ich lebe stehen hier erstaunlich wenig Häuser. Genauer gesagt stehen hier gar keine Häuser. Ich gehe einmal um das Haus aus dem ich gefallen bin und finde einen großen Stall und eine schmale Straße die wohl hoffentlich zu irgendeiner richtigen Straße führt. Super, kaum wache ich auf, falle aus einem Fenster, muss das Haus auch noch ein einzelner Bauernhof am Arsch der Welt sein.
Egal so weit kann es ja nicht sein, Schließlich haben wir in Deutschland auf jedem Quadratkilometer 231 Einwohner davon muss ja irgendwer zu finden sein.

Ich gehe los und schaue mir die wunderschönen Felder und Wälder an die ich gar nicht sehen will. Was ich ebenfalls nicht sehen will, ist der Regen der aufzieht und beginnt mich zu durchnässen. Eine Stadt mit einem Bus (auch wenn er voll ist) wäre mir jetzt wesentlich lieber.
Nach einiger Zeit habe ich keine Lust mehr zu laufen. Und so suche ich erneut Rat im Handbuch für Betrunkene. Dort finde ich unter dem Punkt „Was mache ich wenn ich auf einem Bauernhof aufwache und dort weg will“ den Rat unter „Wie komme ich vom Arsch der Welt zurück in eine Stadt“ zu schauen.
Dort verrät mir mein Handbuch.
  • Suchen sie einen Bahnhof oder Bushaltestelle.
Ok, das wäre erledigt, so etwas gibt es hier nicht.
  • Sollte so etwas nicht zu finden sein, rufen sie ein Taxi
Gute Idee. Ich schnappe mir mein Handy und stelle fest, dass es keinen Empfang hat. War ja klar.
  • Sollte dies auch nicht möglich sein, betrinken sie sich. Wenn sie wieder nüchtern sind, sind sie ganz bestimmt zu Hause. Oder in der Ausnüchterungszelle.
Deswegen liebe ich dieses Buch so, ein Haufen Ratschläge zum Thema wie löse ich Problem mit Alkohol. Nur habe ich kein Alkohol und auch keine Lust mich schon wieder komplett zu besaufen. Also gehe ich weiter mit der Hoffnung irgendwo in Reichweite eines Mobilfunknetzes zu kommen. Irgendwann gelingt es mir und ich lasse mich von der Auskunft zu einem Taxiunternehmen durchstellen, welches den Großraum um meine Stadt herum beackert.
„Hier Taxi Kühne, was kann ich für sie tun?“
„Ja hi, ich würde gerne abgeholt werden.“
„Wo?“
Gute frage wo eigentlich.
„Ich bin auf einer kleiner Straße mitten auf einem Feld.“
„Haha, sehr witzig, wissen sie wieviele es davon gibt?“
„Nein, aber...“
„Ca 54.“
„Aber sie sollen ja nur mich abholen.“ Es ist schon schwierig einem Taxifahrer zu erklären wo er hin soll, wenn man selbst keine Ahnung hat wo man ist.
„Die Straße führt zu einem einzelnen Bauernhof und ist ziemlich lang.“
„Toll dann bleiben nur noch 20.“
„Können sie nicht..“
„Nein.“
Er legt auf. Leider muss ich zugeben, dass er völlig zu recht aufgelegt hat, schließlich habe ich keine Ahnung wo ich bin. Und unter dem Umstand ein Taxi zu bestellen ist ungut.

Guter Rat muss wohl wieder aus dem Handbuch für Betrunkene kommen. Dort finde ich unter „Was tun wenn man keine Ahnung hat wo man ist.“ nur, dass ich mich betrinken soll. Das selbe steht unter „Wenn man nicht weiß was machen soll.“ und „Wenn man mitten auf einem Feld steht“.
Ich werfe das Buch in den nächsten Busch, und beginne mir selbst Gedanken zu machen.

Gestern war ich zu Silvester auf einer Party. Irgendwo am Rand der Stadt aber mit den Öffentlichen Verkehrsmitteln zu erreichen. So weit ich mich erinnere war es dort sehr lustig, und da ich mich nicht erinnere muss ich wohl einiges Getrunken haben. Wahrscheinlich bin ich dann irgendwann mit dem Mädel welches nun alleine in ihrem Bett liegt abgehauen, wahrscheinlich ist sie gefahren. Und wahrscheinlich war das Gestern alles eine gute Idee. Nur führt genau dies dazu das ich jetzt auf einem Stein am Rande einer zum verrückt werden kleinen Straße auf einem zum verrückt werden großen Feld sitze.

Ich wühle das Handbuch für Betrunkene wieder aus dem Busch und schlage unter „Auswege aus unlösbaren Situationen nach“ Dort steht ich soll mich betrinken. Daraufhin zünde das Handbuch für Betrunkene an und entscheide mich zurück zum Haus zu gehen. Vielleicht ist sie ja ganz nett und fährt mich nach hause. Vielleicht ist ihr das ganze auch irgendwie unangenehm. Vielleicht hat sie Internet und ich kann vorher meine Emails checken.
Ich gehe zurück und klingele. Nach einiger Zeit bewegt sich etwas hinter der Tür. Und ich bereite mich schon mal seelisch und moralisch auf eine Blamage vor.
Öffnen tut Miranda.


Sonntag, 9. März 2008

Weihnachtsgeschichte

Es ist der 23 Dezember kurz nach Mittag. Ich sitze vor meinem Rechner und schlage die Zeit tot. In Zwei Stunden geht mein Zug in Richtung Heimat und knappe 7 Stunden später werde ich dann wohl aus einem vollkommen überfüllten Zug fallen und mich von meinen Verwandten nerven lassen. Aber da ich noch zwei Stunden habe genieße ich die Zeit in meiner Studentenbude in der wirklich nichts an Weihnachten erinnert. Dann werde ich dieses Habitat der Ruhe wohl verlassen müssen und in die, mit Weihnachtsmusik verunstaltete, Welt ziehen.
Ich mag Weihnachten nicht. Alle sind auf einmal so unmöglich freundlich und alle versuchen sie nett zu sein, bis dann spätestens am zweien Feiertag sich alle streiten. Der Einzelhandel macht ein riesigen Aufriss und die Menschen kaufen sich das Portmonee aus dem Leib. Einige Menschen rennen in die Kirche weil vor 2000 Jahren jemand in einem Stall geboren wurde. Aber der überwiegende Teil hat auch davon keine Ahnung. Das ganze ist ein Fest zum Ende des Jahres um mit Hilfe von fiktiven Gestalten die Wirtschaft anzukurbeln.
Als ich verärgert ein weihnachtliches Popup, welches durch meinen Blocker gekommen ist, weg klicke klopft es an der Tür.
Ich gehe hin und öffne. Draußen steht ein Typ im Weihnachtsmannkostüm.
„Verpiss dich“ meine ich freundlich und schlage die Tür zu. Wenig später klopft es erneut. Und es ist immer noch der Freak im Kostüm
„Ok, was willst du.“
„Du musst mir helfen.“
„Klar du sammelst für einarmige Kinder in Timbuktu und willst die feierliche Stimmung nutzen um Geld abzugreifen. Vergiss es.“
Ich schlage die Tür wieder zu. Es klopft erneut. Ich mache die Drähte bereit um ihn mit einem Stromschlag in himmlische Ruhe zu bringen und öffne die Tür.
„Was willst du.“
„Deine Hilfe.“
„Wobei?“
„Bei Geld.“
War ja klar. Ich versetze ihm einen Stromschlag und schließe die Tür. Jedenfalls habe ich das vor, denn der Stromschlag scheint ihn nicht zu stören.
„Könntest du das bitte lassen? Das gibt Brandflecken im Mantel.“ meint er.
„Oh man, was ist los?“ frage ich resigniert.
„Du musst mir helfen bis heute Abend 1,5 Milliarden Euro aufzutreiben.“
„Klar doch, ich hohl nur noch eben meinen Quantendisruptor.“ Ich schließe die Tür und setze mich wieder vor den PC.

Etwas später klopft es erneut. Ich gehe hin um nachzusehen was er diesmal zu sagen hat.
„Hör mal zu, ich bin der Weihnachtsmann, und ich brauche dringend 1,5 Milliarden sonst gibt es morgen kein Weihnachtsfest.“
„Klingt gut, ich werde es nicht vermissen.“
„Nein du verstehst nicht, es gibt dann nie wieder Weihnachten.“
„Klingt prima, für mich.“
„Nur du kannst mir helfen.“
„Klar, soll ich jetzt ne Postkarte kaufen oder einen kleinen Holzengel oder so.“
„Nein du sollst Geld organisieren.“
„Lass mich einfach in Ruhe.“
Ich schlage die Tür zu.
„Ich bin wirklich der Weihnachtsmann.“ schallt es durch die Tür. Ich schließe ab.
Wenig später klopft es an meine Balkontür. Draußen steht der Typ im roten Mantel mit dem Bart. Ich lasse ihn rein.
„Wie bist du da raus gekommen?“
„Bin vom Schlitten auf den Balkon geklettert.“
„Du bist gar nicht schlecht, ich hab dir beinahe geglaubt. Und jetzt raus.“
„Kann ich dir irgendwie beweisen, dass ich bin wer ich bin.“
„Hm. Du könntest mir sagen warum ich nie was zu Weihnachten bekommen habe was ich mir gewünscht habe?“
„Komm schon, das ist zu einfach. Du warst kein guter Junge.“
Ok, da hat er wohl objektiv gesehen recht.
„Außerdem hast du dir doch jedes mal das nötige Geld von deinen Verwandten besorgt.“
Auch da hat er recht, aber der Fakt ist nicht ganz so einfach vorher zu sagen.

Es wird Zeit für eine Gegenfrage.
„Und warum braucht der Weihnachtsmann 1,5 Milliarden Euro?“
„Um die Weihnachtsgeschenke bezahlen zu können.“
„Ich dachte du hast da ein paar kleine Elfen oder so die den Kram basteln.“
„Ich bitte dich hast du schon mal eine Elfe eine Play Station 3 bauen sehen?“
„Ich habe noch nie eine Elfe gesehen. Und wozu brauchst du nun das Geld?“
„Hab ich doch schon gesagt.“
„Und das fällt dir heute auf?“
„Ja.“ nuschelt er diesmal durch seinen Bart.
„Wie ja?“ harke ich nach.
„Ich hab mich verspekuliert?“
„Und das heißt?“
„Ich hab zu viel ausgegeben, bzw ich werde zuviel ausgeben?“
„Wie meinst du das denn?“
„Ok, ich erkläre es dir. Ich kaufe jedes Jahr die Weihnachtsgeschenke für alle braven Kinder..“
„Wie, für alle beide?“
„Es sind mehr als du denkst. Aber wie ich sagte, ich kaufe sie. Nur kaufe ich sie nicht vor, sondern nach Weihnachten, weil sie da billiger sind.“
„Wenn du sie nach Weihnachten kaufst, wieso hast du sie denn an Weihnachten?“
„Ich kaufe sie und transportiere sie durch die Zeit zurück um sie unter die Bäume zu legen. Und irgendwie hab ich nicht an die Mehrwertsteuererhöhung gedacht und deswegen fehlt mir ein Haufen Geld.“
„Du kannst durch die Zeit reisen?“
„Ja klar, oder wie sonst meinst du kann ich wo viele Kinder in so kurzer Zeit besuchen.?“
„Und die Milch und die Kekse essen.“
„Hör bloß damit auf, ich hasse diese Tradition, ich bin Diabetiker.“

„Aber du hast die Weihnachtsgeschenke im neuen Jahr gekauft, oder wirst kaufen, und deswegen hast du nicht genug Geld.“
„Genau.“
„Warum kaufst du sie denn nicht zwischen Weihnachten und Silvester.“
„Da werde ich beschließen Urlaub zu machen.“
„Aber das wird doch erst passieren, das kannst du doch ändern.“
„Nein, kann ich nicht.“
„Wieso nicht?“
„Weil das mit den Zeitreisen nicht so funktioniert.“
„Ok. Also brauchst du möglichst schnell einen riesen Stapel Geld.“
„Genau.“
„Was hältst du davon wenn du in die Vergangenheit reist und da Geld auf ein Konto tust und jetzt die Zinsen kassierst?“
„Das geht nicht.“
„Du kannst nicht in die Vergangenheit reisen?“
„Doch das kann ich.“
„Aber?“
„Es widerspricht dem Gelderhaltungssatz.“
„Dem WAS?“
„Dem Gelderhaltungssatz. Sieh mal so eine Zeitreise bricht sowohl Energie als auch Impulserhaltung. Eigentlich bricht es alle physikalischen Gesetzte. Und deswegen braucht es einen neue Erhaltungsgröße. Und da kommt das Geld ins Spiel.“
„Das Geld.“ So ein Schwachsinn.
„Naja immer wenn die Gesetze die logisch denkende Leute gemacht haben, wie die Physik, nicht gelten. Dann gelten die Gesetze die unlogisch denkende Leute gemacht haben. Und das ist in diesem Fall die Wirtschaft. Und da die Zeitreise total unlogisch ist, gilt dabei die Gelderhaltung.“
Irgendwie macht das ganze doch Sinn. Und irgendwie bin ich geneigt ihm zu glauben.

„Ok, und wie willst du an Geld kommen?“
„Ich habe gehofft, dass du mir das sagen kannst.“
„Wir könnten eine Bank ausrauben.“
„Bringt uns das 1,5 Milliarden?“
„Wahrscheinlich nicht, aber es wäre ein Anfang.“
„Na wenn du das sagst. Komm wir nehmen meinen Schlitten.“

Wenig später stehen wir auf dem Dach des Wohnheimes vor seinem Schlitten. Oder vor dem was er mir als seinen Schlitten vorstellt. Es ist ein 5 Meter langes schwarzes Etwas. Und bei schwarz meine ich ein Schwarz in dem der Blick versinkt wieder auftaucht und dann laut "wo bin ich" schreit. Die Form des Schlittens ist am ehesten mit einer zerbrochenen Bierflasche, welche von einem ungeschickten Zwergen wieder zusammen geklebt wurde, zu vergleichen. An zwei dicken Kabeln hängen jeweils zwei ebenso schwarze Kugeln.
Nachdem ich mein Staunen überwunden habe frage ich ihn.
"Ist der Schlitten nicht ein wenig untraditionell?"
"Wegen dem Schwarz?"
"Zum Beispiel."
"Ich fand das Rot langweilig, das Schwarz ist viel cooler."
"Und sollten da vorne nicht Rentiere sein?"
"Das mit den Rentieren war ein Kommunikationsfehler. Das sind vier Einheiten des "Deer2001" steht für dynamic enhanced energie racer beschleunigt das Gefährt auf doppelte Lichtgeschwindigkeit in unter 5 Sekunden."
„Sollte so ein Schlitten nicht Kufen haben?" frage ich ihn und deute auf die vier angebrachten Räder, welche aussehen als hätte sie jemand von einem Einkaufswagen geklaut.
"Glaub mir, bei zweifacher Lichtgeschwindigkeit verwandeln die sich in Kufen."
"Und wo bringst du die ganzen Geschenke unter?"
"Im Handschuhfach?"
"Das willst du mir aber jetzt nicht mit Längenkontraktion erklären oder?"
"Heh, wenn ich schon bei jedem verdammten Kind aussteige, durch den Kamin kletter, die Kekse esse und die Geschenke unter den Baum staple, dann kann ich auch nach jedem Besuch nach Hause fliegen und das nächste Geschenk einpacken."
"Klar, und das zu Hause von dem du sprichst ist auf dem Nordpol."
"Quatsch, viel zu kalt, und am Arsch der Welt. Ich hab ein drei Zimmer Apartment in New York."
War ja klar..

Nachdem die technischen Details nun geklärt sind machen wir uns frisch ans Werk. Wir wählen uns eine beliebige größere Bank in Berlin aus und sind in weniger als einem Moment dort. Natürlich nicht ohne zwischendurch am McDrive eine Kleinigkeit zu Essen zu holen.
Schließlich stehen wir beide in der Bankfiliale unserer Wahl. Santa (ich soll ihn so nennen, weil es cooler klingt) mit einer Uzi die eigentlich ein Weihnachtsgeschenk für eine der Bush-Töchter wahr, ich mit einem BigMac.
Alle Anwesenden legen sich brav auf den Boden und die nette Frau hinterm Tresen packt Bündel weise Geld in Santas Sack. Es läuft wie im Film. Es fehlt nur noch, dass mich jemand fragt wie die den Viertelpfünder mit Käse in Paris nennen. Oder dass jemand den Alarmknopf drückt und die Polizei anrückt. Während ich noch so darüber nach denke passiert es natürlich. Also das mit dem Alarmknopf nicht das andere.

Bevor wir noch das Geld einsacken können steht vor der Bank ein Großaufgebot grüner Gendarmen. „Das Gebäude ist umstellt kommen sie mit erhobenen Händen raus.“ Wirklich genau wie im Film..
„Was machen wir denn jetzt?“ fragt mich Santa nervös.
„Aufessen, wild um uns ballern, das Geld einsacken, und dann mit doppelter Lichtgeschwindigkeit abhauen.“
„Klingt nach einem Plan.“
„Nein klingt nach Schwachsinn, könnte aber funktionieren.“
Also verdrücke ich den Rest von meinem Burger und stecke das Geld ein. Santa steht währenddessen lachend am Eingang und feuert Magazin um Magazin in die wartenden Polizisten.
Schließlich schließe ich schwer bepackt mit 5 Säcken Geld zu Santa auf.
RATATATATATATAT!!!
„Lass uns gehen“ Schreie ich ihm zu.
RATATATAT!!!
„WAS?“ brüllt er zurück.
„WEG HIER.“
RATATATATATAT!!!
Er muss nach laden.
„Wir können gehen.“ sage ich ihm in der Feuerpause.
„Ach schade, gerade jetzt wo es Spaß macht.“
Wir drehen uns um und gehen zum Dach wo unser Schlitten steht. Plötzlich hält er an und dreht sich um.
„Moment, da gibt es noch etwas, was ich schon immer mal machen wollte.“
„Muss das jetzt sein?“
„Ja“
Er zieht aus einer Manteltasche ein grünes rundes Ding. Ich erkenne die Granate erst auf den zweiten Blick bin dafür aber auch doppelt so schnell weg. Hinter mir wirft Santa den Sprengsatz in den Eingangsbereich.
Als wir vom Dach aus starten, kann ich unter uns ein kleines Feuer ausmachen.

„War das jetzt nötig?“ frage ich Santa im fahrenden Schlitten.
„Was?“
„Die Granate?“ Wieso, tut doch niemandem weh.
„WAS?... hast du Radio?“
„Klar doch.“ Er schalltet es ein und ich höre laut Aggro Berlin. Ich nehme die CD raus, und werfe sie aus dem Fenster. Sie verglüht in der Atmosphäre.
„Heh, das war meine Lieblings CD.“
„Such dir nen Musikgeschmack.“ meine ich während ich einen Sender suche der Nachrichten bringt. Da wird uns dann auch berichtet, dass bei einem Bankraub so eben 54 Polizisten getötet wurden.
„Hast du das gehört?“
„Ja, meinst du das waren wir?“
„JA.. oder vielmehr du.“
„Aber du hast gesagt ich soll schießen.“
„Aber doch nicht auf die Polizisten!“
„Aber...“
„Weißt du wie vielen du damit das Weihnachtsfest verdorben hast?“
„Oh.“

„Können wir das rückgängig machen?“ fragt er mich wenig später leicht zerknirscht.
„Keine Ahnung, du bist hier der Experte im Thema Zeitreisen.“
„Hm wir könnten uns sagen, dass wir es lassen sollen mit den Banküberfällen. Dann würden wir aber auch das Geld verlieren.“
„Hätten wir uns nicht daran erinnern müssen, dass wir uns gesagt haben, wir sollen keine Bank überfallen?“
„Nein, nur das Geld verschwindet wegen dem Erhaltungssatz du weißt schon.“
„Na dann mal zu..“

Wenig später, oder früher, oder so.. haben wir uns erklärt das wir keine Bank überfallen sollen und uns noch einen schönen Abend und viel Erfolg gewünscht. Und tatsächlich sind die Säcke die eben noch Geld enthielten jetzt leer.


„So wie es aussieht müssen wir von vorn anfangen. Irgendwelche Vorschläge?“ beginne ich die Diskussion zur Geldbeschaffung von neuem.
„Wir könnten uns in die Fußgängerzone setzten und Weihnachtsmusik spielen.“
„NEIN.“
„Hast du was besseres?“
„Hm, du könntest einen Werbevertrag mit Coca Cola aushandeln.“
„Ne, das hab ich schon einmal in den Dreißigern gemacht, um einen finanziellen Engpass durch die Machtübernahme der Nazis auszugleichen.“
War irgendwie klar.

Wenig später stehen wir tatsächlich in München in der Fußgängerzone und singen. Ich konnte ihn wenigstens davon überzeugen, dass wir singen und nicht rappen. Nicht davon überzeugen konnte ich ihn, auf das Wichtelkostüm für mich zu verzichten. So ist er in seinem roten Standartmantel und ich in grünem irgendwie tuntigen Strumpfhosen. Ich spiele Gitarre, er singt mit einem wirklich wohlklingenden Bass.
Und tatsächlich hat uns die erste Runde „Jingle Bells“ auch schon 10€ eingebracht. Und nach einiger Zeit steht eine große Gruppe kleine Familien um uns herum. Nur Santa sieht irgendwie unglücklich aus. Ok, ich sehe auch unglücklich aus, aber das liegt an den Strumpfhosen.
„Gefällt dir die Weihnachtsmusik nicht?“ frage ich ihn als wir eine Pause machen.
„Ne, das ist auch einfach nicht richtig, wir könnten wenigstens rappen.“
„NEIN.“
„Ok, aber dann vielleicht ein paar wirklicher Weihnachtslieder?“
„Singen wir doch schon.“
„Da gibt es viel schönere.“
Ich ahne böses Stimme aber zu einige seiner Lieder zu singen.

Drei Klassiker später haben sich wieder Mütter, Kinder und entnervte Väter um uns gesammelt. Nun ist Santa mit einem seiner Leider dran. Ich begleite und er Singt mit einer Stimme gegen die Elvis wie ein Teenager im Stimmenbruch geklungen hätte.

„Die Mama ist noch immer wach.
Denn Morgen ist der Weihnachtstag.
Sie putzt den Stube kleinlich rein.
Denn Morgen soll es schön hier sein.

Dann hört sie rauschen im Kamin
Und wenig später sieht sie ihn
der Weihnachtsmann ist plötzlich dort
Und sie wirft ihren Besen fort

Dort im weihnachtlichen Glanz
zeigt Santa ihr seinen langen Schwa...“

An der Stelle ramme ich ihm die Gitarre in den Rücken und er bricht mit einem lauten schnaufen zusammen. Die weihnachtliche Stimmung ist hin, die Gitarre auch.
Nach dem verkorksten Fußgängerzonenkonzert verschwinden wir dann auch lieber. Im Schlitten machen wir dann Kassensturz.
„Wieviel haben wir?“ frage ich.
„106 Euro und 87 Cent, und 140 Rubel“
„Na toll, so wird das nie etwas.“
„Kannst du nicht einfach irgendwas von deinem Kram verkaufen?“
„Und was?“
„Der Schlitten. Die Technik darin ist hunderte von Milliarden wert.“
„Und womit soll ich dann die Geschenke austragen?“
„Dann verkauf halt irgendwas was du doppelt hast.“

Wenig später komme ich kopfschüttelnd aus einem An- und Verkauf, hinter mir geht Santa und zählt sein Geld.
„Warum hast du deine Unterhose verkauft?“
„Weil ich davon zwei habe.“
„Und wo ist die Zweite?“
„In meiner Wohnung.“
„Und was hast du jetzt drunter?“
„Nichts.“
„Und warum musstest du das, was du jetzt nicht mehr drunter hast direkt vor den Augen des Händlers ausziehen?“
„Sonst hätte ich sie ja nicht verkaufen können.“
Und das alles klingt so logisch...
„Wieviel hast du dafür bekommen?“
„5€.“
„Super wenn du noch Dreihundert Millionen davon hast, haben wir das Geld zusammen.“
„Wir könnten die andere auch noch verkaufen, dann haben wir nochmal fünf dazu.“
„Ne lass mal, ach ja hier hast noch mal 30€ für die Kasse?“ Ich drücke ihm das Geld in die Hand.
„Wo kommt das den her?“
„Ich hab dieses lächerliche Elfenkostüm versetzt.“
„Das war meins!!“
„Und jetzt ist es Geld, und brauchen konntest du es eh nicht.“ Und ich muss es nicht mehr tragen.
„Hm. Ist was dran. Mir ist kalt, können wir bitte meine andere Unterhose holen?“

Einen Wimpern schlag später schaue ich mich in einem gammeligen Apartment im gammeligsten Viertel New Yorks um. Seine drei Zimmer ist eine winzige Küche deren einziges Möbelstück ein rostiger Toaster ist, ein Bad das tatsächlich eine Toilette hat und ein Zimmer in dem eine Couch und ein winziger Fernseher steht. In der Ecke liegt ein Haufen leerer Bierdosen und einige schimmelige Pizzaschachteln. Vor dem Haufen steht Santa und wühlt darin herum.
„Ich hab sie“ ruft er triumphierend. Ich wende meinen Blick ab. Einmal seinen nackten Unterleib zu sehen reicht pro Tag.
Endlich lässt er sich vollkommen bekleidet auf das Sofa fallen.
„Setzt dich doch, einen Schlachtplan können wir auch hier erstellen.“
„Ist das sicher?“
„Hier wird uns keiner belauschen.“
„Das mein ich nicht, ich mein das Sofa.“
„Na klar.“ Er ringt sich ein kichern ab, welches verstummt als er meinen ernsten Blick sieht.
„Sie wird dich nicht fressen oder so.“ schiebt er hinterher.
„Genau davor hatte ich angst.“
Ich setzte mich ebenfalls hin, was ein lautes schmatzendes Geräusch verursacht. Aber eigentlich ist es gar nicht so schlimm. Ich hab in meiner Küche schon schlimmeres erlebt.
„Kann ich dir was anbieten? Bier ist alle, aber ich hab noch Wodka. Essen hab ich keins, der Toaster ist leider kaputt.“
„Wodka geht klar, und wir könnten ne Pizza bestellen.“
Nachdem wir dem Pizzaboten 20€ gegeben haben. Fünf für die Pizza und 15 damit er uns glaubt, dass der Euro auch richtiges Geld ist, beratschlagen wir, wie wir nun an die benötigten 1,5 Milliarden kommen.
„Wir könnten einen Kredit aufnehmen.“ schlage ich vor.
„Ich glaube nicht, dass die mir einen geben.“
„Stimmt du brauchst ne Bürgschaft, für 1,5 Milliarden.“
„Wir könnten Fort Knox überfallen, ein Einbruch und wir haben das Geld zusammen.“
„Und wie willst du 1,5 Milliarden Euro in Gold transportieren?“
„Da wird uns schon was einfallen, wenn wir da sind.“
„Und hast du den Bankraub von vorhin vergessen?“
„Ok, war vielleicht keine so gute Idee.“
„Könntest du nicht deinen Deal mit Coca Cola neu beleben? Die geben dir doch bestimmt nochmal was.“
„Auf keinen Fall, da geh ich nie wieder hin.“

„Hast du andere Ideen?“ frage ich langsam resignierend.
„Wir könnten eine HipHop Platte raus bringen.“
„Ohne mich. Und selbst wenn, hättest du das Geld nicht früh genug.“
„Stimmt ist was dran.“
Es folgt eine betrübte Stille, irgendwie gehen uns die Ideen aus. Plötzlich sehe ich ein Funkeln in Santas Augen.
„Wir verkaufen Drogen!!“ platzt er heraus.
„WAS??“
„Klar ich verspreche den wichtigen Dealern, dass ich allen Kindern Drogen unter den Baum lege!“
„Du hast sie nicht mehr alle.“
„Die geben mir dafür sicher einen Haufen Geld. Verdienen tun die damit ja genug.“
„Solltest du als Weihnachtsmann nicht wenigstens ein paar ethische Grundsätze haben?“
„Meinst du?“
„Klar, gib ihnen doch gleich noch AIDS dazu.“ meine ich mit deutlichem Sarkasmus.
„Was sollen die Kinder den damit?“
„Ach vergiss es.“
Jetzt brauche ich erstmal einen großen Schluck aus der Wodkaflasche. Aber wenigstens ist die Idee vom Tisch. Ich stelle die Flasche wieder auf den Boden.

„Woher bekommst du denn das Geld für die Geschenke?“ beginne ich logisch von vorn.
„Von den Eltern natürlich.“
„Die Eltern geben dir Geld damit du für die Kinder die Weihnachtsgeschenke durch den Kamin wirfst?“
„Natürlich das ist Tradition.“
„Und du bist sicher, dass du nicht nur ein Angestellter eines Supermarktes bist, oder ein Student?“
Das hätte ich wohl nicht sagen sollen, Santas Gesicht läuft genauso rot an wie sein Mantel.
„WILLST DU MICH BELEIDIGEN?!!! Ich bin der Weihnachtsmann nicht so ein Wichtigtuer im Mantel und falschem Bart der für Geld kleine Kinder verarscht. Ich BIN das Weihnachtsfest.“
„Du meinst es geht bei Weihnachten um die Geschenke unterm Baum? Und nicht um den Frieden und die Zusammengehörigkeit, um die Familie?“
„Natürlich.“
Ich hab doch schon immer gewusst, dass die ganzen Fernsehfilme zu Weihnachten totaler Schwachsinn sind.
„Hast du Heilig Abend mal fern gesehen?“
„Nein wieso?“
„Weil die da einem erklären es ginge um Frieden und so.“
„Die haben keine Ahnung bei Weihnachten geht es um den wirtschaftlichen Aufschwung im vierten Quartal.“
Stimmt einen schon nachdenklich wenn man die Wahrheit, welche man schon so lange wusste, aus dem Mund des echten Weihnachtsmannes hört.

„Könnten wir nicht die Kaufhäuser und so um Geld fragen? Die machen doch schließlich den Gewinn wegen dir.“
„Warum eigentlich nicht.“

So befinden wir uns also einige Minuten später im Gewahrsam des Sicherheitsdienstes des örtlichen Walmartes.
„Warum musstest du ihm doch gleich die Uzi an die Schläfe halten?“ lasse ich mir entnervt von Santa erklären.
„Er wollte uns nichts geben.“
Eigentlich hat das alles ziemlich gut funktioniert. Wir wurden tatsächlich sofort beim Geschäftsführer vorgelassen. Santa hat dann versucht den kleinen dicken kahlköpfigen Mann der uns als Smith vorgestellt wurde davon zu überzeugen wer er ist. Und als Santa anfing zu erzählen was dieser Smith in seiner Jugend so angestellt habe und weswegen er ihm nie ein Geschenk gebracht habe, dachte ich auch noch es würde funktionieren. Smith schein echt beeindruckt. Doch als Santa mit Geschichten über Smiths Schwester und das Videotape, dass er damals recht gewinnbringend an einen Pornohändler verkauft hat, begann. Da fing Smith irgendwie an wütend zu werden. Er leugnete alles und bezeichnete Santa als Lügner. Das lies der sich nicht gefallen und packte eine Geschichte über den Verkauf von benutzter Damenunterwäsche, eben jener Schwester, über ebay aus. Dieses verärgerte Smith noch mehr, und er lief weihnachtsrot an. Und nachdem er das Wachpersonal gerufen hat, sah Santa sich wohl gezwungen die Uzi ganz dicht an Smiths Gehirn zu halten. Was die ganze Situation nicht besser gemacht hat.

„Und überhaupt, wenn du mir nicht die Uzi aus der Hand geschlagen hättest, dann hätten wir jetzt wenigstens die Tageseinnahmen des Marktes. Aber nein so haben wir nichts.“ beschwert sich Santa, und unterbricht meine Gedanken.
„Na toll, wenn ich es nicht gemacht hätte, hätten mindestens drei Familien ihre Väter verloren.“
„Smith war gar nicht verheiratet.“
„Das spielt doch keine Rolle, man muss nicht alles mit Waffengewallt lösen.“
„RUHE.“ Mischt sich einer der beiden Wächter ein, welche uns gerade an einen für sie sicheren Ort verfrachten. Da wir unmöglich hier noch länger unsere Zeit verschwenden können, muss ich handeln. Ich ziehe dem zu meiner Linken die Waffe aus der Halterung, schlage ihm den Knauf ins Gesicht und schieße mit der selben Handbewegung dem anderen Wachmann in den Fuß. Während er sich vor Schmerzen die Ferse hält, geben Santa und ich Fersengeld.

Zurück im Schlitten auf eine Kreisbahn über dem Atlantischen Ozean diskutieren wir erneut wie wir an Geld kommen könnten.
„Du hast doch gesagt, dass du das Geld von den Eltern bekommst. Kannst du von denen nicht einfach ein wenig mehr verlangen?“ bringe ich eine Idee an, die mir schon etwas länger im Kopf herum schwirrt.
„In Zeiten von Arbeitslosigkeit, dem Streichen von Weihnachtsgeldern und der Gesundheitsreform? Unmöglich!“
„Den Vorschlag einen Kredit aufzunehmen hatten wir schon oder?“
„Ja.“
„Dann musst du wohl doch noch mal Coca Cola fragen.“
„AUF KEINEN FALL!!“
„Warum eigentlich nicht?“
„Da geh ich nicht nochmal hin.“
„Spuck's aus, was war?“
„Ok, wenn du es unbedingt wissen musst. Damals war ich wirklich pleite, ich hatte bei weitem nicht genug Geld für die Weihnachtsgeschenke. Und so habe ich mich damals an einen jungen Mann gewannt der auf dem Gebiet der Börse besonders bewandert war. Nach einigen Überlegungen riet er mir mich bei einem großen Konzern als Werbeträger zu bewerben. Und so kam ich dann zu Coca Cola. Nach einer Endlosen Verhandlung haben sie mich dann komplett über den Tisch gezogen. Sie haben mit mir ausgemacht, dass ich ab jetzt immer dieses furchtbar lächerliche Outfit tragen muss. Einen falschen Bart und diesen Mantel, und zunehmen musste ich auch extra. Dick sieht einfach gemütlicher aus, und passt besser zu dem amerikanischen Menschenbild. Und wie ich dann durch die Kamine passen soll, hab ich gefragt. Das sei nicht so wichtig haben die dann gesagt. Und, dass das mit dem Übergewicht meiner Diabetes nicht gerade helfen würde habe ich gesagt. Darauf sagten sie, ich solle nicht so egoistisch sein. Und das alles nur weil Coca Cola damals gerade einen riesigen Restposten an rotem Stoff hatte, den sie in Kostüme umsetzen wollten.
COLA ist daran Schuld, dass ich so lächerlich aussehe.“
„So schlimm finde ich das gar nicht.“
„Sag das noch mal und du darfst das Wichtelkostüm wieder anziehen.“
„Ok, vielleicht hast du recht. Sag mal was hattest du den vorher an, wenn du die Geschenke verteilt hast?“
„Eine Socke.“
„Eine Socke?“
„Ja, eine Socke, schwarz.“
„Und was dazu?“
„Nichts dazu.“
„Ok, ich will es nicht genauer wissen.“

Es herrscht einen Augenblick ruhe im Schlitten. Niemandem fällt etwas ein. Weihnachten rückt näher und wir haben immer noch kein Geld.
„Ok, vielleicht müssen wir doch zu Coca Cola.“ meint Santa schließlich.

Jetzt wo die Entscheidung gefasst ist, sind wir auch in Null Komma Nichts beim Hauptsitz der Coca Cola Company. Wir werden ohne weiteres vorgelassen. Dem Chef müssen wir nicht erklären wer wir sind. Hier weiß man das es Santa gibt. Man kann sich an den Vertrag erinnern. Santa stellt mich als sein Gehilfe bei den Verhandlungen vor. Ich stelle darauf hin klar das es um ein Geldvolumen von zwei Milliarden geht, und wir maximal 2,5 Stunden Zeit haben dies zu diskutieren. Santa nickt mir anerkennend zu.
Die Verhandlungen werden hart und langweilig. Aber nachdem wir einen erneuten Imagewechsel Santas abwenden konnten haben wir eine Einigung erzielt. Schneller als gedacht, gehen wir mit 1,8 Milliarden Euro zu unserem Schlitten.
„Sag mal meinst du, dass es ein guter Deal war?“ mein Santa als er mich schließlich nach Hause bringt.
„Es ist das kleine Übel.“
„Aber ich muss dieses Jahr jedem Kind auf Erden eine Flasche Coca Cola schenken.“
„Wird schon keiner bemerken. Außerdem bezahlen sie die Cola extra.“
„Das heißt, das ich nicht nur zu den Guten sondern auch zu den Schlechten Kindern kommen muss.“
„Ja, aber die Arbeit musst du dir dann halt machen.“
„Ich werde mir nach Weihnachten erstmal ein paar Tage Urlaub nehmen. Die Geschenke kann ich auch noch im neuen Jahr kaufen.“

Auf dem Dach meines Wohnheimes verabschieden wir uns dann schließlich.
„Jetzt wo du mir geholfen hast, hast du dir ein Weihnachtsgeschenk von mir verdient.“ meint Santa.
„Du meinst ich soll mir was wünschen?“
„Genau.“
„Dann sollte ich mir wohl etwas wie weiße Weihnacht oder den Weltfrieden oder keinen Hunger mehr auf Erden wünschen oder so?“
„Du weißt doch nur etwas, dass man für Geld kaufen kann.“
„Oh, dann nehme ich eine Play Station 3.“