Da immer noch Semesterferien sind, oder besser gesagt vorlesungsfreie Zeit, will ich mal eben auf einen mehrwöchigen Besuch zu meinen lieben Erzeugern fahren. Nachdem ich keinen dieser tollen vierrädrigen Benzinschlucker besitze, muss ich wohl oder übel die Deutschen Bahn nutzen. Die hat wenigstens mehr als vier Räder, macht aber dafür auch genau so viel mehr Mist, wie sie Räder hat. Eine besondere Freude ist die sieben Stunden Zugfahrt immer, schreiende Kinder, nörgelnde Rentner, besoffene Wehrdienstleistene und noch so viele andere nette Menschen, die alle wegen der einen oder anderen Geisteskrankheit weg gesperrt gehören.
Vor jeder dieser Fahrten steht der Erwerb einer Fahrkarte. Diesmal habe ich mich, um den Spaß zu erhöhen, für die Wahl eines Nachtzugs entschieden. Außerdem hat man so die Chance, dass wenigstens 50% der, ach so netten, Geistesgestörten schlafen und dabei so schnarchen, dass man selbst keine Ruhe findet.
Um dieses Ereignis einzuleiten muss zuerst eine Fahrkarte her. Als Mensch der von Technik allgemein Ahnung hat entscheide ich mich natürlich für den Fahrkartenautomaten, welcher zwar nicht mit Windows läuft, aber trotzdem nicht funktioniert. Der Automat nebenan funktioniert zwar, reagiert aber so langsam, dass ich nach jeder Berührung des Touchscreans genug Zeit habe einen Kaffee zu kaufen, ihn wegen Kälte zu reklamieren und den Neuen, nach dem Trinken, auf das versiffte Bahnhofsklo zu tragen.
Nach etwa einem Drittel der Menüpunkte habe ich keine Lust mehr auf die Entdeckung der Langsamkeit und gehe zum Schalter. Natürlich ist es keine gute Idee eine Fahrkarte am Fahrkartenschalter zu kaufen, zum einem wird es garantiert noch länger dauern als am Automaten Außerdem lassen die, meist weniger schönen, Bahnangestellten an jeglicher Freundlichkeit fehlen.
So werde ich, wie erwartet, mit einem freundlichen „Gehen sie an den Automaten“ begrüßt.
Natürlich reagiere ich auf diese Nettigkeit mit einem eben so freundlichen:
„Geben sie mir einfach ne Karte nach Hamburg für den Zug, Freitag Nacht.“
„Gehen sie an den Automaten.“
„Sie sind doch da um mir eine Fahrkarte zu verkaufen, oder?“
„Ja“
„Dann machen sie das auch“
„Nein“
Gut, ich ziehe den Stecker ihres Monitors, und gehe zum ebenfalls freien Schalter nebenan.
„Ich hätte gerne eine Karte...“
„Geh'n s'e an den Automaten“
Stecker raus, und weiter zum nächsten Schalter.
„Ich hätte gerne ei..“
„Gahn's zu..“
Der nächste Stecker, der nächste Schalter.
Als ich beim letzten Schalter angelangt bin fällt der Frau vom zweiten Schalter auf, dass irgendwas bei ihrem PC nicht stimmt. Ich hätte gedacht, dass es länger als drei Minuten dauert, bis einer der Frauen merkt, dass ihr Bildschirm schwarz ist. Was natürlich dazu führt, dass die drei anderen auch merken, wie schwarz ihr eigener Bildschirm gerade ist.
Unbeirrt des drohenden Hühnerstallzustandes bitte ich die Frau am letzten Schalter freundlich um die besagte Fahrkarte. Freundlich bin ich zum einen, weil ich ja noch eine Fahrkarte haben möchte, und zum anderen weil die junge Frau noch Auszubildende ist, und relativ gutaussehend. So wie es aussieht ist sie noch ziemlich am Anfang ihrer Ausbildung. Jedenfalls hat sie noch nicht gelernt mich anzupflaumen. Sie hakt die Zugverbindung und das Datum mit einer unglaublichen Geschwindigkeit in die Tastatur, mit einem Tastenanschlag pro Minute. Dabei hockt sie mit der Nase zwei Zentimeter über der Tastatur und spricht laut mit welche Taste sie drückt . In den nächsten Ausbildungsjahren wird sie sicherlich ihre Sitzhaltung enorm verbessern können, und ihre Tippgeschwindigkeit wird sich wohl auf die für die Bahn üblichen drei Anschläge pro Minute, erhöhen, und das dann sogar leise.
„R.......e......“
„Aber eben ging das doch noch..“ „und jetzt ist alles ganz schwarz“ „vielleicht muss man mal dagegen klopfen“ KLONK „ne hat nichts gebracht“ „vielleicht etwas stärker?“ KLONK KRITZK „ne auch nich“ „Ich frag mal den Chef“
Wie geahnt gackern die Frauen wie Hühner auf der Stange nach erfolgreicher Eiablage.
„Hamburg, war das?“ Holt mich meine Fahrkartensachbearbeiterin zum eigentlichen Problem zurück.
„Ja Hamburg“
„H.......a...............m....“
Nebenan versucht eine der Frauen ihren Chef zu erreichen, während sich die anderen Drei aufgeregt über die gestrige Folge irgendeiner Telenovela unterhalten.
Für alle die des aktuellen Fernsehfachvokabulars nicht mächtig sind, eine Telenovela ist nichts anderes als die gute alte Seifenoper-Schmachtfetzen-Hirnmater, wie sie schon seit Jahren auf allen Kanälen läuft. Normalerweise geht es darum, dass die mies geschauspielerte Figur A ein vollkommen abstruses Problem mit der genauso mies geschauspielerten Figur B hat, mit C schläft und dann in Folge 376 Figur A heiratet. Zwischendurch gab es dann noch beliebig viele andere Figuren die mit belanglosem Kram Sendezeit verbrauchen, und Hirnzellen vernichten. Meiner Meinung nach sollte im Fernsehen permanent ein Zähler mitlaufen, welcher einem sagt wie viele Gehirnzellen bei dem letzten Satz in die ewige Denkpause gegangen sind.
„Und Kevin will ja nun tatsächlich Birgit heiraten..“ „Wo die sich doch früher immer wegen des Dackels so gestritten haben“ „War das nicht Marianne?“ „Nein das war doch die Sache mit dem Toaster und dem U-Boot“ „Wo Kai dann..“ „Was Lesande dazu wohl sagen wird“ „Ach das wird wieder spannend“
„....g.“ Oh, sie hat Hamburg fertig.
„Wann möchten sie fahren?“
„Mit dem Nachtzug, Samstag um 0.19Uhr“
„Hm, Samstag....“ Sie schiebt die Maus mit beiden Händen Vorsichtig zu dem zu klickendem Ziel, hält dann mit einer Hand die Maus fest, um mit der anderen Hand auf die linke Maustaste zu drücken. KLICK. In der Hälfte der Fälle scheint das System zu funktionieren.
Währenddessen ist der Chef aufgetaucht und schaut sich das unmögliche Technische Mysterium an, welches gleich vier der fünf besetzten Schalter betroffen hat.
„Sie müssen nur die Maus bewegen.“ Er kennt das Prinzip eines Bildschirmschoners, er muss ein echter Fachmann sein.
„Aber das hilft nicht“
„Drücken sie eine Taste.“
„Welche?“
„Irgend eine.“
„Die hier?“
„Ja!!“
„Geht auch nicht.“
Inzwischen hat meine Kartensklavin es geschafft den Zug zu finden.
„Haben sie eine Bahncard?“
„Ja“ schieb, schieb, schieb klick.
„Sie müssen reservieren“
„Ja, Sitzplatz, Nichtraucher, Abteil“
„Möchten sie Raucher oder Nichtraucher?“ Habe ich nicht gerade?.. ach egal.
„Nicht rauchen, brennen ist besser?“ Sie schaut mich verständnislos an.
Nebenan schüttelt der Chef jede Tastatur, ohne jegliche Wirkung.
„Was haben sie den gemacht, als es nicht mehr ging?“
„Nichts“
„Ah verstehe.“ Sogar er ist es gewohnt, dass die vier nichts machen.
„Ähm..“ Die leicht überforderte Kartengebeperson vor mir meldet sich wieder.
„Raucher oder..“
„Nichtraucher.“
„Und möchten sie einen Sitzplatz, Lige...“
„Sitzplatz“ wenn ich ihr jetzt sagen würde, dass ich lieber eine weibliche Liege reservieren würde, und was die denn so an Aufpreis kosten wenn diese große primäre Merkmale hat, dann würde ich sie sicher wieder überfordern. Und ich will ja heute noch meine Fahrkarte haben.
„Abteil oder Großraum?“ Langsam nervt es, aber auf diese Frage gibt es nur eine vernünftige Antwort.
„Ja.“
Während sie grübelt was sie mit der Antwort anfangen soll, schaue ich mir an wie der Chef versucht die Problem zu lösen, welche die vier Frauen mutwillig verursacht haben. Natürlich sind die vier daran Schuld, sie haben mich schließlich dazu gezwungen eine solch milde Strafe zu verhängen. Er jedenfalls beschließt jetzt den Bahneigenen Techniker anzurufen und bis der kommt in die Mittagspause zu gehen.
„Schön, dann können wir ja auch gehen..“ „Oh, ja da gibt es diesen tollen neuen Italiener..“ „Aber das ist nicht gut für meine Figur“ „Und dann hat doch Marianne tatsächlich mit Kevin..“ „Nein, ihr bleibt alle hier an euren Plätzen. Die Kunden müssen auch in Krisenzeiten königlich versorgt werden.“
Der Standpunkt des Chefs stammt ohne Zweifel aus einem Managementbuch für Kurzentschlossene. Und der Inhalt seiner kurzen ergreifenden Ansage ist bei der Bahn zutiefst illusorisch, und so absurd, dass nicht einmal ich darüber wirklich lachen kann.
„Ähm, also Großraum“ Zieht meine Fahrkartenbeschaffungsagentin die Aufmerksamkeit wieder auf sich.
„Nein“
„Aha“ Pause,
„Also“ noch längere Pause.
„dann“ gleich muss es kommen.
„...“ Wohl doch nicht.
„Abteil“
„Genau.“ Das war schwer, aber jetzt ist es ja fast geschafft.
„Möchten sie mit Karte zahlen?“ Ich lege ihr meine Karte auf den Tisch.
„Oder bar?“ ich deute wiederholt auf die Karte.
Eigentlich sollte sie jetzt einen Geldbetrag von meiner Kreditkarte abbuchen mit dem sich eine russische Großfamilie einen Monat lang ernähren kann. Aber stattdessen blickt sie sinnentleert in die andere Ecke des Raumes. Dort steht der gerade eingetroffene Techniker, ein junger Mann mit ansetzendem Haarverlust, der seinerseits zu uns herüber starrt. Ich winke. Keinerlei Reaktion von ihm oder ihr. Ich trommle „Love is in the air“ auf dem Tisch, die entrückte Bahnfrau vor mir beginnt zu wippen und leise zu pfeifen. Er starrt weiterhin durch den Raum.
Leider wird diese vorbildlich schnulzige Szene von dem vordersten Fahrkartenverkaufsweib unterbrochen, die den Techniker zur Arbeit auffordert.
Als, noch leicht verwirrter, echter Profi versucht dieser natürlich zuerst alles das, was beim Chef vorhin auch schon nicht funktioniert hat. Dann testet er ob der Monitor eingeschaltet ist. Jetzt wundert er sich warum es trotzdem nicht geht und beschließt erstmal eine Pause zu machen. Natürlich nicht ohne zwischendurch verschmitzt zu der jungen Frau rüber zu schielen die gerade versucht den immer noch fälligen Betrag von meiner Karte zu buchen.
„und dann hat doch Kevin...WO WOLLEN SIE DEN HIN??!“ wird der Techniker unterbrochen der schon vor einer Weile das Gehen durch leichtes Schweben ersetzt hat. „Ein Kaffee..“ „Und was ist mit den Rechnern?“ „Die können später“ „Wie können hier nicht arbeiten und SIE gehen Kaffee trinken?!“ „Aber,..“ „Nichts da sie bleiben hier“ Die Aufregung ist durchaus verständlich, schließlich können die vier ja auch nicht Aufhören bevor ihre Rechner nicht laufen. Der Arme tut mir wirklich leid. Nicht nur, dass er aus seiner Kaffeepause gerufen wird (er hatte garantiert gerade Pause) dann muss er auch noch zwischen vier Hühnern auf der Stange sitzen und sich hirnzerreibenes Gelaber anhören. Und zu allem Übel wird er dadurch noch abgehalten die Prinzessin, die er gerade für sich entdeckt hat, zu retten.
„Vielen Dank, und gute Reise mit der Deutschen Bahn.“ Sie hat es tatsächlich geschafft mir meine Fahrkarte zu verkaufen, und versucht mich nun mit der patentierten Bahn-Standardfloskel los zu werden. Ich küre sie zur Fahrkartenverkaufsheldin des Tages.
„Ich werde es in vollen Zügen genießen.“ Antworte ich ihr und warte ob sie den Witz versteht.
Sie versteht ihn nicht, was zum Teil daran liegen dürfte, dass sie mir nicht zuhört sondern verzückt auf den Hintern des Technikers schaut, welcher gerade unter dem Tisch nach den Rechnern sucht.
Ich gehe den Techniker aus seiner Misere befreien. Inzwischen ist auch der Chef wieder zurück, und während er sich Brokkoli aus den Zähnen kratzt, meckern die vier Frauen auf die Technik, und das ja nichts funktioniert, und das im Fernsehen das ja alles besser ist und was er den für ein Techniker sei der nicht einmal so einen einfachen Monitor reparieren könne. Bla.. Bla.. Bla..
Als der Techniker wieder unter dem Tisch hervorkommt, stelle ich sicher, dass ich seine volle Aufmerksamkeit habe. Ich muss ihm dafür kräftig auf den Fuß treten damit er die Augen von seiner bevorzugten Doppel X-Chromosom Trägerin löst.
Ich raune ihm zu, er solle doch mal die Stecker checken.
„Wieso die Stecker?“
„Weil die raus gezogen sind.“
Ein Blick zeigt ihm, dass es stimmt was ich sage.
Er steckt die Stecker rein und natürlich funktioniert alles wieder sofort.
„Und was war es nun“ fragt der Chef.
„Die Stecker waren nicht drin“
„Und dann geht nichts mehr?“
„Genau“ beantwortet er mit erstaunlicher Gelassenheit die unnütze Frage.
„Wer zieht den sowas raus?“
Da ich sowieso noch hinter dem Techniker stehe, meine ich, dass es vielleicht jemand gewesen sein könnte der auf kosten der Bahn einen arbeitsfreien Tag haben wollte.
„Aber wer sollte den das sein?“
Da der Techniker wenigstens verstanden hat was ich damit sagen wollte, zeigt er stumm auf die Vier hinter den nun wieder flimmernden Monitoren.
Während der Chef sich aufregt, dass es ja wohl nicht sein könne, dass Angestellte ihr Arbeitsgerät sabotieren um nicht arbeiten zu müssen, fixiert der Techniker sein bevorzugtes Objekt im Raum.
„Dagegen war ihre Kollegin, sehr hilfsbereit.“ Verweise ich auf die eben jenes Objekt, welches mir zuvor die Karte vertickt hat.
„Gut, als Belohnung für gute Arbeit bekommen sie den restlichen Tag frei und ihre arbeitsscheuen sabotierenden Kolleginnen werden die Schicht bis 21Uhr fortführen.“ Entscheidet der Chef in einem Anflug von Weisheit.
„Aber, dann verpassen wir ja Alles neue, alles Leute!“ Während ich mich frage ob es Leute gibt, die diese Sendung mit den Anfangbuchstaben abkürzen, tönt der Chef dazwischen.
„Sie können froh sein, dass sie noch Arbeit haben.“
Ich schiebe derweil den Techniker vorsichtig zu dem Schalter hinüber, an dem die bessere Bahnbedienstete zusammen packt.
„Hätten sie nicht Lust mit uns noch einen Kaffee trinken zu gehen“ Ich schiebe den Techniker vor, welcher wie ein Honigkuchenpferd lächelt.
Die beiden blicken sich wieder einmal Wortlos an.
„K..A..F..F..E..E!“ buchstabiere ich dazwischen.
Beide nicken und begleiten mich ins nächste Cafe wo ich mich wegen einem wichtigem Termin verabschiede.
Währe mit den beiden für mich sicher langweilig geworden. Für mich, für die beiden wohl nicht.
Vor jeder dieser Fahrten steht der Erwerb einer Fahrkarte. Diesmal habe ich mich, um den Spaß zu erhöhen, für die Wahl eines Nachtzugs entschieden. Außerdem hat man so die Chance, dass wenigstens 50% der, ach so netten, Geistesgestörten schlafen und dabei so schnarchen, dass man selbst keine Ruhe findet.
Um dieses Ereignis einzuleiten muss zuerst eine Fahrkarte her. Als Mensch der von Technik allgemein Ahnung hat entscheide ich mich natürlich für den Fahrkartenautomaten, welcher zwar nicht mit Windows läuft, aber trotzdem nicht funktioniert. Der Automat nebenan funktioniert zwar, reagiert aber so langsam, dass ich nach jeder Berührung des Touchscreans genug Zeit habe einen Kaffee zu kaufen, ihn wegen Kälte zu reklamieren und den Neuen, nach dem Trinken, auf das versiffte Bahnhofsklo zu tragen.
Nach etwa einem Drittel der Menüpunkte habe ich keine Lust mehr auf die Entdeckung der Langsamkeit und gehe zum Schalter. Natürlich ist es keine gute Idee eine Fahrkarte am Fahrkartenschalter zu kaufen, zum einem wird es garantiert noch länger dauern als am Automaten Außerdem lassen die, meist weniger schönen, Bahnangestellten an jeglicher Freundlichkeit fehlen.
So werde ich, wie erwartet, mit einem freundlichen „Gehen sie an den Automaten“ begrüßt.
Natürlich reagiere ich auf diese Nettigkeit mit einem eben so freundlichen:
„Geben sie mir einfach ne Karte nach Hamburg für den Zug, Freitag Nacht.“
„Gehen sie an den Automaten.“
„Sie sind doch da um mir eine Fahrkarte zu verkaufen, oder?“
„Ja“
„Dann machen sie das auch“
„Nein“
Gut, ich ziehe den Stecker ihres Monitors, und gehe zum ebenfalls freien Schalter nebenan.
„Ich hätte gerne eine Karte...“
„Geh'n s'e an den Automaten“
Stecker raus, und weiter zum nächsten Schalter.
„Ich hätte gerne ei..“
„Gahn's zu..“
Der nächste Stecker, der nächste Schalter.
Als ich beim letzten Schalter angelangt bin fällt der Frau vom zweiten Schalter auf, dass irgendwas bei ihrem PC nicht stimmt. Ich hätte gedacht, dass es länger als drei Minuten dauert, bis einer der Frauen merkt, dass ihr Bildschirm schwarz ist. Was natürlich dazu führt, dass die drei anderen auch merken, wie schwarz ihr eigener Bildschirm gerade ist.
Unbeirrt des drohenden Hühnerstallzustandes bitte ich die Frau am letzten Schalter freundlich um die besagte Fahrkarte. Freundlich bin ich zum einen, weil ich ja noch eine Fahrkarte haben möchte, und zum anderen weil die junge Frau noch Auszubildende ist, und relativ gutaussehend. So wie es aussieht ist sie noch ziemlich am Anfang ihrer Ausbildung. Jedenfalls hat sie noch nicht gelernt mich anzupflaumen. Sie hakt die Zugverbindung und das Datum mit einer unglaublichen Geschwindigkeit in die Tastatur, mit einem Tastenanschlag pro Minute. Dabei hockt sie mit der Nase zwei Zentimeter über der Tastatur und spricht laut mit welche Taste sie drückt . In den nächsten Ausbildungsjahren wird sie sicherlich ihre Sitzhaltung enorm verbessern können, und ihre Tippgeschwindigkeit wird sich wohl auf die für die Bahn üblichen drei Anschläge pro Minute, erhöhen, und das dann sogar leise.
„R.......e......“
„Aber eben ging das doch noch..“ „und jetzt ist alles ganz schwarz“ „vielleicht muss man mal dagegen klopfen“ KLONK „ne hat nichts gebracht“ „vielleicht etwas stärker?“ KLONK KRITZK „ne auch nich“ „Ich frag mal den Chef“
Wie geahnt gackern die Frauen wie Hühner auf der Stange nach erfolgreicher Eiablage.
„Hamburg, war das?“ Holt mich meine Fahrkartensachbearbeiterin zum eigentlichen Problem zurück.
„Ja Hamburg“
„H.......a...............m....“
Nebenan versucht eine der Frauen ihren Chef zu erreichen, während sich die anderen Drei aufgeregt über die gestrige Folge irgendeiner Telenovela unterhalten.
Für alle die des aktuellen Fernsehfachvokabulars nicht mächtig sind, eine Telenovela ist nichts anderes als die gute alte Seifenoper-Schmachtfetzen-Hirnmater, wie sie schon seit Jahren auf allen Kanälen läuft. Normalerweise geht es darum, dass die mies geschauspielerte Figur A ein vollkommen abstruses Problem mit der genauso mies geschauspielerten Figur B hat, mit C schläft und dann in Folge 376 Figur A heiratet. Zwischendurch gab es dann noch beliebig viele andere Figuren die mit belanglosem Kram Sendezeit verbrauchen, und Hirnzellen vernichten. Meiner Meinung nach sollte im Fernsehen permanent ein Zähler mitlaufen, welcher einem sagt wie viele Gehirnzellen bei dem letzten Satz in die ewige Denkpause gegangen sind.
„Und Kevin will ja nun tatsächlich Birgit heiraten..“ „Wo die sich doch früher immer wegen des Dackels so gestritten haben“ „War das nicht Marianne?“ „Nein das war doch die Sache mit dem Toaster und dem U-Boot“ „Wo Kai dann..“ „Was Lesande dazu wohl sagen wird“ „Ach das wird wieder spannend“
„....g.“ Oh, sie hat Hamburg fertig.
„Wann möchten sie fahren?“
„Mit dem Nachtzug, Samstag um 0.19Uhr“
„Hm, Samstag....“ Sie schiebt die Maus mit beiden Händen Vorsichtig zu dem zu klickendem Ziel, hält dann mit einer Hand die Maus fest, um mit der anderen Hand auf die linke Maustaste zu drücken. KLICK. In der Hälfte der Fälle scheint das System zu funktionieren.
Währenddessen ist der Chef aufgetaucht und schaut sich das unmögliche Technische Mysterium an, welches gleich vier der fünf besetzten Schalter betroffen hat.
„Sie müssen nur die Maus bewegen.“ Er kennt das Prinzip eines Bildschirmschoners, er muss ein echter Fachmann sein.
„Aber das hilft nicht“
„Drücken sie eine Taste.“
„Welche?“
„Irgend eine.“
„Die hier?“
„Ja!!“
„Geht auch nicht.“
Inzwischen hat meine Kartensklavin es geschafft den Zug zu finden.
„Haben sie eine Bahncard?“
„Ja“ schieb, schieb, schieb klick.
„Sie müssen reservieren“
„Ja, Sitzplatz, Nichtraucher, Abteil“
„Möchten sie Raucher oder Nichtraucher?“ Habe ich nicht gerade?.. ach egal.
„Nicht rauchen, brennen ist besser?“ Sie schaut mich verständnislos an.
Nebenan schüttelt der Chef jede Tastatur, ohne jegliche Wirkung.
„Was haben sie den gemacht, als es nicht mehr ging?“
„Nichts“
„Ah verstehe.“ Sogar er ist es gewohnt, dass die vier nichts machen.
„Ähm..“ Die leicht überforderte Kartengebeperson vor mir meldet sich wieder.
„Raucher oder..“
„Nichtraucher.“
„Und möchten sie einen Sitzplatz, Lige...“
„Sitzplatz“ wenn ich ihr jetzt sagen würde, dass ich lieber eine weibliche Liege reservieren würde, und was die denn so an Aufpreis kosten wenn diese große primäre Merkmale hat, dann würde ich sie sicher wieder überfordern. Und ich will ja heute noch meine Fahrkarte haben.
„Abteil oder Großraum?“ Langsam nervt es, aber auf diese Frage gibt es nur eine vernünftige Antwort.
„Ja.“
Während sie grübelt was sie mit der Antwort anfangen soll, schaue ich mir an wie der Chef versucht die Problem zu lösen, welche die vier Frauen mutwillig verursacht haben. Natürlich sind die vier daran Schuld, sie haben mich schließlich dazu gezwungen eine solch milde Strafe zu verhängen. Er jedenfalls beschließt jetzt den Bahneigenen Techniker anzurufen und bis der kommt in die Mittagspause zu gehen.
„Schön, dann können wir ja auch gehen..“ „Oh, ja da gibt es diesen tollen neuen Italiener..“ „Aber das ist nicht gut für meine Figur“ „Und dann hat doch Marianne tatsächlich mit Kevin..“ „Nein, ihr bleibt alle hier an euren Plätzen. Die Kunden müssen auch in Krisenzeiten königlich versorgt werden.“
Der Standpunkt des Chefs stammt ohne Zweifel aus einem Managementbuch für Kurzentschlossene. Und der Inhalt seiner kurzen ergreifenden Ansage ist bei der Bahn zutiefst illusorisch, und so absurd, dass nicht einmal ich darüber wirklich lachen kann.
„Ähm, also Großraum“ Zieht meine Fahrkartenbeschaffungsagentin die Aufmerksamkeit wieder auf sich.
„Nein“
„Aha“ Pause,
„Also“ noch längere Pause.
„dann“ gleich muss es kommen.
„...“ Wohl doch nicht.
„Abteil“
„Genau.“ Das war schwer, aber jetzt ist es ja fast geschafft.
„Möchten sie mit Karte zahlen?“ Ich lege ihr meine Karte auf den Tisch.
„Oder bar?“ ich deute wiederholt auf die Karte.
Eigentlich sollte sie jetzt einen Geldbetrag von meiner Kreditkarte abbuchen mit dem sich eine russische Großfamilie einen Monat lang ernähren kann. Aber stattdessen blickt sie sinnentleert in die andere Ecke des Raumes. Dort steht der gerade eingetroffene Techniker, ein junger Mann mit ansetzendem Haarverlust, der seinerseits zu uns herüber starrt. Ich winke. Keinerlei Reaktion von ihm oder ihr. Ich trommle „Love is in the air“ auf dem Tisch, die entrückte Bahnfrau vor mir beginnt zu wippen und leise zu pfeifen. Er starrt weiterhin durch den Raum.
Leider wird diese vorbildlich schnulzige Szene von dem vordersten Fahrkartenverkaufsweib unterbrochen, die den Techniker zur Arbeit auffordert.
Als, noch leicht verwirrter, echter Profi versucht dieser natürlich zuerst alles das, was beim Chef vorhin auch schon nicht funktioniert hat. Dann testet er ob der Monitor eingeschaltet ist. Jetzt wundert er sich warum es trotzdem nicht geht und beschließt erstmal eine Pause zu machen. Natürlich nicht ohne zwischendurch verschmitzt zu der jungen Frau rüber zu schielen die gerade versucht den immer noch fälligen Betrag von meiner Karte zu buchen.
„und dann hat doch Kevin...WO WOLLEN SIE DEN HIN??!“ wird der Techniker unterbrochen der schon vor einer Weile das Gehen durch leichtes Schweben ersetzt hat. „Ein Kaffee..“ „Und was ist mit den Rechnern?“ „Die können später“ „Wie können hier nicht arbeiten und SIE gehen Kaffee trinken?!“ „Aber,..“ „Nichts da sie bleiben hier“ Die Aufregung ist durchaus verständlich, schließlich können die vier ja auch nicht Aufhören bevor ihre Rechner nicht laufen. Der Arme tut mir wirklich leid. Nicht nur, dass er aus seiner Kaffeepause gerufen wird (er hatte garantiert gerade Pause) dann muss er auch noch zwischen vier Hühnern auf der Stange sitzen und sich hirnzerreibenes Gelaber anhören. Und zu allem Übel wird er dadurch noch abgehalten die Prinzessin, die er gerade für sich entdeckt hat, zu retten.
„Vielen Dank, und gute Reise mit der Deutschen Bahn.“ Sie hat es tatsächlich geschafft mir meine Fahrkarte zu verkaufen, und versucht mich nun mit der patentierten Bahn-Standardfloskel los zu werden. Ich küre sie zur Fahrkartenverkaufsheldin des Tages.
„Ich werde es in vollen Zügen genießen.“ Antworte ich ihr und warte ob sie den Witz versteht.
Sie versteht ihn nicht, was zum Teil daran liegen dürfte, dass sie mir nicht zuhört sondern verzückt auf den Hintern des Technikers schaut, welcher gerade unter dem Tisch nach den Rechnern sucht.
Ich gehe den Techniker aus seiner Misere befreien. Inzwischen ist auch der Chef wieder zurück, und während er sich Brokkoli aus den Zähnen kratzt, meckern die vier Frauen auf die Technik, und das ja nichts funktioniert, und das im Fernsehen das ja alles besser ist und was er den für ein Techniker sei der nicht einmal so einen einfachen Monitor reparieren könne. Bla.. Bla.. Bla..
Als der Techniker wieder unter dem Tisch hervorkommt, stelle ich sicher, dass ich seine volle Aufmerksamkeit habe. Ich muss ihm dafür kräftig auf den Fuß treten damit er die Augen von seiner bevorzugten Doppel X-Chromosom Trägerin löst.
Ich raune ihm zu, er solle doch mal die Stecker checken.
„Wieso die Stecker?“
„Weil die raus gezogen sind.“
Ein Blick zeigt ihm, dass es stimmt was ich sage.
Er steckt die Stecker rein und natürlich funktioniert alles wieder sofort.
„Und was war es nun“ fragt der Chef.
„Die Stecker waren nicht drin“
„Und dann geht nichts mehr?“
„Genau“ beantwortet er mit erstaunlicher Gelassenheit die unnütze Frage.
„Wer zieht den sowas raus?“
Da ich sowieso noch hinter dem Techniker stehe, meine ich, dass es vielleicht jemand gewesen sein könnte der auf kosten der Bahn einen arbeitsfreien Tag haben wollte.
„Aber wer sollte den das sein?“
Da der Techniker wenigstens verstanden hat was ich damit sagen wollte, zeigt er stumm auf die Vier hinter den nun wieder flimmernden Monitoren.
Während der Chef sich aufregt, dass es ja wohl nicht sein könne, dass Angestellte ihr Arbeitsgerät sabotieren um nicht arbeiten zu müssen, fixiert der Techniker sein bevorzugtes Objekt im Raum.
„Dagegen war ihre Kollegin, sehr hilfsbereit.“ Verweise ich auf die eben jenes Objekt, welches mir zuvor die Karte vertickt hat.
„Gut, als Belohnung für gute Arbeit bekommen sie den restlichen Tag frei und ihre arbeitsscheuen sabotierenden Kolleginnen werden die Schicht bis 21Uhr fortführen.“ Entscheidet der Chef in einem Anflug von Weisheit.
„Aber, dann verpassen wir ja Alles neue, alles Leute!“ Während ich mich frage ob es Leute gibt, die diese Sendung mit den Anfangbuchstaben abkürzen, tönt der Chef dazwischen.
„Sie können froh sein, dass sie noch Arbeit haben.“
Ich schiebe derweil den Techniker vorsichtig zu dem Schalter hinüber, an dem die bessere Bahnbedienstete zusammen packt.
„Hätten sie nicht Lust mit uns noch einen Kaffee trinken zu gehen“ Ich schiebe den Techniker vor, welcher wie ein Honigkuchenpferd lächelt.
Die beiden blicken sich wieder einmal Wortlos an.
„K..A..F..F..E..E!“ buchstabiere ich dazwischen.
Beide nicken und begleiten mich ins nächste Cafe wo ich mich wegen einem wichtigem Termin verabschiede.
Währe mit den beiden für mich sicher langweilig geworden. Für mich, für die beiden wohl nicht.
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